Linke Arithmetik: Jüdische Menschen zählen für uns nur, wenn sie Israel hassen?
TL;DR: Linke Arithmetik: Jüdische Mensche zählen nur, wenn sie Israel hassen? Nicole Gohlke attackiert ausgerechnet jene, die sich klar gegen Antisemitismus stellen – und zeigt damit, wie moralischer Eifer jede Differenzierung erstickt. Trauriger Reflex.
Wenn linke
Weltbilder bröckeln, wird nicht selten getwittert. Nicole Gohlke, Bundestagsabgeordnete
der Linkspartei, hat sich einmal mehr zu Wort gemeldet – diesmal mit einem
moralisch aufgeladenen Aufschrei gegen ihre eigene Partei. Anlass ist ein
Beschluss des sächsischen Landesparteitags, der sich klar gegen jeden Antisemitismus positioniert. Und
zwar nicht nur abstrakt, sondern konkret: gegen die Verharmlosung
islamistischer Gewalt, gegen Bündnisse mit Hamas-Sympathisanten und gegen
antisemitische Tarnkappen unter dem Deckmantel des Antizionismus.
Was macht
Gohlke daraus? Eine Denunziation. In 280 Zeichen unterstellt sie den
Unterstützerinnen des Beschlusses, sie seien faktisch Trägerinnen einer
„Springer-Kampagne“. Und weil es im autoritär-sektiererischen linken
Erregungsraum rund um "M21" zum guten Ton gehört, folgt die Anklage
gleich mit: Israel begehe „Völkermord“. Ein Vorwurf, den sie nicht erst seit
gestern pflegt – der aber durch Wiederholung nicht richtiger wird.
So weit, so
erwartbar. Bemerkenswert ist vielmehr, wen Gohlke mit ihrer Tirade meint: die
LAG Shalom Sachsen. Eine Arbeitsgemeinschaft innerhalb der Partei, die sich
explizit dem Kampf gegen jeden Antisemitismus
verschrieben hat – und dafür von autoritär-sektiererischen Linken kritisiert
wird, weil sie es ernst meint mit diesem Kampf. Willkommen in der paradoxen
Welt autoritär-sektiererischer linker Doppelmoral.
In dieser
Welt zählt jüdische Meinung nur, wenn sie dem antizionistischen,
sektiererischen linken Narrativ nützt. Wer gegen Israel demonstriert, ist
willkommen. Wer sich hingegen gegen die Dämonisierung Israels stellt, ist –
handelt es sich um eine jüdische Person – sofort eine Zionist*in. Als Linker
gerät man dann schnell in Verdacht, zu spalten – oder, schlimmer noch: mit
Springer zu kungeln. So wird jüdische Selbstverortung zum Feindbild. Und
parteiinterner Antifaschismus zum Prüfstein der Loyalität gegenüber dem einzig
wahren Narrativ.
Die Ironie
liegt offen zutage: Ausgerechnet jene, die sich auf der Seite der Unterdrückten
wähnen, erklären Israel zum Haupttäter – und übersehen dabei, dass jüdisches
Leben weltweit unter Bedrohung steht. Nicht weil Israel existiert, sondern
obwohl es existiert. Wer das nicht erkennt, sondern mit moralischem Furor auf
jene zielt, die sich konsequent gegen jeden
Antisemitismus stellen, beweist vor allem eines: dass linker Antifaschismus
nicht selten an der Frage „Israel“ zerbricht.
Und so wird
aus einer notwendigen Debatte über Solidarität und Menschenrechte ein Ritual
der Selbstvergewisserung – in dem Differenzierung verdächtig ist, Komplexität
unerwünscht und jüdische Stimmen nur zählen, wenn sie mit dem autoritär-sektiererischen
linken Konsens marschieren.