Gegen jeden Antisemitismus! Ohne Wenn und Aber!
TL;DL: Wer Israel delegitimiert, relativiert Gewalt gegen Juden. Antisemitismus ist keine Meinung, sondern mörderisches Ressentiment – ob von rechts, links oder islamistisch. Wer schweigt oder beschönigt, steht nicht am Rand, sondern mittendrin. Ohne Wenn und Aber.
„Was der Antisemit wünscht und vorbereitet, ist der Tod des Juden.“
– Jean-Paul Sartre
Es gibt
Momente, in denen das Pathos des Bekennens nicht mehr reicht. In denen man
nicht mit der erhobenen Moralkeule durch die Feuilletons wandeln kann, sondern
die intellektuelle Machete braucht, um sich durch das Dickicht postmoderner
Beliebigkeit, linker Selbsttäuschung und islamistischer wie rechter
Menschenverachtung zu schlagen.
Der heutige Antisemitismus – ein alter Bekannter in neuen Kostümen – blüht
nicht nur auf den Aufmärschen identitärer Heimatschützer, sondern ebenso in den
Wohnküchen der autoritär-sektiererischen Linken, auf den akademischen
Diskursspielplätzen, wo man glaubt, mit Trotzki und Judith Butler im Schlepptau
Israels Vernichtung herbeitheoretisieren zu dürfen.
Antisemitismus
ist längst kein Exklusivgut kahlrasierter Reichskriegsnostalgiker. Er ist nicht
einmal das Monopol der AfD, obwohl deren antisemitischer Jargon in der Ästhetik
eines Neonazi-Designs gelegentlich auch durch den Bundestag marschiert. Nein,
er tritt auf in vielen Masken: als Antikapitalismus mit antisemitischem
Zungenschlag, als „legitime Israelkritik“, die ihre moralische Pubertät
ausgerechnet am einzigen jüdischen Staat dieses Planeten exerziert, und –
besonders infam – als „internationale Solidarität“, die ihre Verbündeten lieber
bei islamofaschistischen Mörderbanden wie der Hamas sucht als bei jenen, die um
ihre Toten trauern.
Der 7.
Oktober 2023 war eine Zäsur. Wer an diesem Tag noch glaubte, der Antisemitismus
der Islamisten oder der sektiererischen Linken sei bloß eine Wahnvorstellung
Springer’scher Kolumnisten, wurde eines Besseren belehrt – oder, schlimmer
noch, tat weiterhin so, als sei nichts gewesen. Während Israel seine Toten
bestattete, verteilten linke Solidaritätskomitees Süßigkeiten auf den Straßen
von New York, London oder Neukölln. Während Geiseln in Gazas Tunneln
vegetierten, erklärten selbsternannte „Friedensfreunde“ Israel zum Täter. So
behauptete die Jewish Voice for Peace (JVP) am selben Tag, die
„Quelle all dieser Gewalt“ sei „die israelische Apartheid und Besatzung – und
die Mitschuld der USA an dieser Unterdrückung“.
„Wenn die
Linke die Rückkehr des mörderischen Antisemitismus nicht spürt, ist das ihr
Ende“, sagt Eva Illouz. Was sie nicht sagt – vermutlich aus Höflichkeit –, ist,
dass der autoritär-sektiererische Teil der Linken längst nichts mehr spürt. Das
Mitgefühl ist selektiv, die Solidarität konditioniert: Wer sich als
Palästinenser*in deklariert, bekommt ein moralisches Fleißsternchen. Wer als
jüdischer Mensch mit Davidstern durch Berlin geht, wird bespuckt – in der
Hauptstadt eines Landes, dessen historische Identität sich auf sechs Millionen
ermordete Juden gründet.
Die
sogenannte „Israelkritik“ ist zum Ritual geworden, bei dem sich die Akteure
selbst feiern – nicht aus Mut, sondern aus Ignoranz. Sie haben längst
vergessen, dass Antisemitismus nicht erst bei Auschwitz beginnt, sondern dort,
wo Juden zur Chiffre des Bösen werden: mal als „Strippenzieher“, mal als
„Imperialisten“, mal als „zionistisches Gebilde“. Die „Auschwitzkeule“ ist
nicht das Problem – das Problem ist, dass sie keiner mehr schwingt.
Was heute
als „neue Normalität“ verkauft wird, ist ein Rückfall in die Barbarei: Angriffe
auf Synagogen mit Molotowcocktails, Prügel für Studierende mit Davidsternkette,
antisemitische Schmierereien an linken Projekten – versehen mit dem roten
Dreieck, dem Emblem der Hamas. Wer all das sieht und weiterhin von
„berechtigter Kritik“ faselt, hat entweder ein Erkenntnisproblem – oder ein
Charakterdefizit.
Dass sich
Rechte plötzlich als Schutzmacht der Juden gerieren, ist keine Ironie der
Geschichte, sondern zynische Taktik. Ihr Interesse an Juden endet dort, wo ihre
rassistische Fantasie vom „großen Austausch“ beginnt. Der Antisemitismus der
Rechten ist kein Traditionsbruch, sondern Traditionspflege. Wer sich von ihnen
instrumentalisieren lässt, macht sich mitschuldig an einer neuen Welle
mörderischer Paranoia.
Und die
Linke? Sie windet sich, sie redet, sie relativiert. Ihr autoritär-sektiererischer
Teil entdeckt „legitime Anliegen“ auch in Aufrufen zur Vernichtung Israels –
Hauptsache, es klingt nach „Widerstand“. Der antisemitische autoritär-sektiererische
Teil der Linken versteckt sich hinter Marx, lebt Stalin, zitiert aber lieber Trotzki.
Sie ignoriert ihre eigene Geschichte – Entebbe, 1969, die Moskauer
Schauprozesse –, weil sie nicht in den antifaschistischen Kanon passt. Dort, wo
man sich moralisch überlegen fühlt, ist kein Platz für Selbstkritik.
Dabei wäre
sie bitter nötig. Denn echter Antifaschismus beginnt dort, wo man
Antisemitismus erkennt, bevor er in Gewalt mündet. Und er beginnt bei der
Einsicht, dass Israels Existenzrecht nicht verhandelbar ist – auch nicht unter
dem Deckmantel „intersektionaler Kritik“. Wer dem jüdischen Staat dieses Recht
abspricht, spricht Juden ihr Recht auf Sicherheit ab. Und wer das tut, hat in
einem antifaschistischen Projekt nichts verloren.
Die Linke
muss sich entscheiden: zwischen konsequenter Solidarität mit den Opfern des
Antisemitismus – ganz gleich, woher er kommt – oder einem ideologischen Nebel,
der die Hamas zur Freiheitsbewegung verklärt und Israel zum Feindbild erklärt.
Zwischen Auschwitz und Anstand.
Die Zeit der
Ausflüchte ist vorbei.
Wer schweigt, macht sich gemein.
Wer relativiert, steht auf der falschen Seite.
Und wer vom „zionistischen Gebilde“ spricht, hat im politischen Diskurs einer
Demokratie nichts verloren.
Ohne Wenn
und Aber.