Zum Statement der Partei DIE LINKE Castrop-Rauxel & Recklinghausen zu Leon Habekost

TL;DR: DIE LINKE in Castrop-Rauxel & Recklinghausen entdeckt den Antisemitismus eines Mitglieds – spät, aber mit Formular. Ausschlussantrag läuft, Haltung kam zuletzt. Politische Hygiene beginnt nicht im Protokoll, sondern im Moment des Skandals.

DIE LINKE Recklinghausen: Späte Reaktion auf antisemitische Äußerungen eines Mitglieds – Kritik an Parteikultur, Verfahren und fehlender Haltung.


Es gehört zur rituellen Choreografie deutscher Parteiarbeit, dass Empörung stets ein wenig später eintritt als der Anlass dazu. In Castrop-Rauxel und Recklinghausen, zwei Orten, die in ihrer Bedeutungslosigkeit nur noch von ihrer Parteibasis übertroffen werden, hat DIE LINKE endlich entdeckt, dass ein Mitglied seit Monaten antisemitischen Unrat in die sozialen Netzwerke gekippt hat. Nicht etwa still und heimlich, sondern so öffentlich, dass es dutzender Hinweise bedurfte, bis man sich im Stadtverband erhob wie ein pensionierter Lehrer beim dritten Klingeln des Weckers.

Dass das betreffende Mitglied sich zuvor zur Kandidatur für den Stadtrat gemeldet hatte, wurde „zunächst begrüßt“. Man nimmt, was kommt, wenn es sonst keiner macht. Und dann? Dann traten „problematische und inakzeptable Aussagen“ auf. So formuliert man es in Parteideutsch, wenn jemand in aller Klarheit terroristische Angriffe feiert und „Yalla Yalla Intifada“ grölt, als stünde er nicht auf einem Marktplatz im Ruhrgebiet, sondern am Rande des Gazastreifens mit dem iPhone in der Faust und ideologischer Plattitüde im Kopf.

Die Reaktion der Partei? Mustergültig im Sinne einer Demokratie mit Gedächtnisverlust: dokumentieren, sprechen, nochmal sprechen, nichts erreichen – und schließlich ein Antrag auf Parteiausschluss, der mit der Halbwertszeit einer Bundestagsanfrage durch die föderale Mühle gejagt wird. Dass das Mitglied derweil „keinerlei Funktionen“ mehr ausübt, ist beruhigend wie der Hinweis, dass der Feuerwehrmann erst dann zum Brand kommt, wenn das Haus vollständig ausgebrannt ist.

Das Statement schließt mit der Beteuerung, dass „Antisemitismus, Hass und Diskriminierung in unserer Partei keinen Platz“ hätten – ein Satz, den man inzwischen auf jedem zweiten Bekenntnis-PDF deutscher Parteien findet, wie das vegan-glutenfreie Etikett auf einer Biomarke: politisch korrekt, aber nicht zwingend substanziell.

Die Partei hat in ihrem Text alles richtig gemacht – nur zu spät, zu zögerlich und zu sehr im Modus der innerparteilichen Verwaltungslogik. Antisemitismus, das wird hier offenbar, ist nicht nur ein Problem der anderen, sondern auch der eigenen Reihen. Dass man dies erst nach öffentlichem Druck und interner Eskalation bemerkt, spricht nicht für, sondern gegen die viel zitierte „Wachsamkeit“ der Linken.

Dass man sich nun immerhin bemüht, den Betroffenen auszuschließen, ist zweifellos richtig. Doch das Ringen um politische Hygiene gewinnt man nicht durch Verfahren, sondern durch Haltung. Und die zeigt sich nicht erst im Statement, sondern – wie immer – im Moment des Skandals.

Das Statement der Partei DIE LINKE Castrop-Rauxel & Recklinghausen zu  Leon Habekost

 

 

 

 

 

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