Es riecht nach Kampagne, nicht nach Kritik.

TL;DR: Mitglieder der Partei die Linke reisten nach Israel und das nd bzw. Yossi Bartal & Matthias Monroy machen daraus ein ideologisches Komplott. Viel Verdacht, wenig Beleg. Kampagne statt Kritik. Und nd gibt dafür eine Seite her.

Eine Kritik des Artikels „Lobbyismus aus Israel“ als tendenziös, faktenarm und diffamierend – mehr Kampagne als journalistische Analyse.


Zu „Lobbyismus aus Israel“ von Yossi Bartal und Matthias Monroy, erschienen im nd, 14.12.2025.

Zunächst zur Sache: Zwei Personen, später aktiv in der Bundesarbeitsgemeinschaft „Shalom“, reisen – auf Einladung und Kosten des israelischen Außenministeriums – nach Israel. Sie tun dies vor der Gründung der BAG und gemeinsam mit 158 anderen Delegierten aller Parteien außer der AfD. Kein Skandal, kein Parteiticket, kein Beschluss, keine verdeckte Finanzierung. Und doch wird daraus ein Fall konstruiert, der sich liest wie ein Untersuchungsausschussprotokoll in feuilletonistischem Gewand.

Bartal und Monroy beschreiben die Reise als Teil einer „staatlich gelenkten Einfluss-Operation“, zitieren israelische Quellen, die von PR-Maßnahmen sprechen, und schließen daraus ein ideologisches Komplott. Dass dieselben beiden BAG-Mitglieder später gegenüber Haaretz das Reiseprogramm selbst als einseitig kritisieren, stört die dramaturgische Ordnung offenbar. Die Kritik der Reisenden wird zwar zitiert – aber nicht anerkannt, denn sie steht der These im Weg: Wer mitfliegt, muss gekauft sein. Wer sich nicht kaufen lässt, wird zum Beweis für besonders gelungene Täuschung. Solche Logik kennt man sonst von jenseits der Realität – oder vom Verfassungsschutz.

Die Autoren stellen Fragen, die sie nicht beantworten. Oder besser: Die sie nicht beantworten wollen. Etwa die Behauptung, „das Parteiengesetz verbiete die Finanzierung von Parteiaktivitäten durch fremde Staaten“. Sie nennen keine Parteiaktivität. Weil es keine gibt. Auch die These, dass die Reisen als Parteispenden zu werten seien, bleibt Spekulation. Was fehlt, ist nicht Information, sondern juristische Substanz. Was bleibt, ist: Diffamationspotenzial.

Zweites Beispiel: Die Politik der LINKEN sei durch israelische Lobbygruppen „beeinflusst“ worden. Der Beweis? Ein Zitat von Raanan Eliaz, dem Gründer von Elnet. Er behauptet, seine Organisation habe Einfluss auf deutsche Israel-Politik genommen. Selbst „die linksradikale Partei Die Linke“ habe sich nach Besuchen in Israel erstmals gegen die BDS-Bewegung gestellt. Die Autoren zitieren das – als wäre es ein Geständnis. Aber sie prüfen es nicht. Dass sich DIE LINKE schon 2011 gegen BDS positionierte, vielleicht aus historischen Gründen, oder moralischer Überzeugung, bleibt unerwähnt. Dass eine ablehnende Haltung zu BDS auch ohne Flugmeilen denkbar wäre – kommt nicht vor.

Die zentrale These, dass israelische Reisen die Politik deutscher Parteien systematisch manipulieren, bleibt unbelegt. Stattdessen: Indizien, Andeutungen, Rückblicke auf zwölf Jahre und acht Abgeordnete. Auf dieser Basis wird ein Verdacht gesät – und als faktischer Befund verkauft.

Was ist das für eine Argumentation, die ihre Belege der Gegenseite überlässt? Die Reiselogistik wird minutiös geschildert – bemaltes Flugzeug inklusive. Aber der politische Ertrag? Eine angebliche Linie von Delegationsbesuchen zu Anti-BDS-Positionen, ohne Kontext, ohne Gegenrede. Kein Gedanke daran, dass eine Partei auch aus eigener Vernunft klug handeln könnte. Stattdessen: Insinuation. Wer in Yad Vashem war, hat wohl auch eine Einladung in die Waffenfabrik akzeptiert. Und wer dort war, kann wohl kaum noch unvoreingenommen sein. So funktioniert kein Argument, so funktioniert eine Rahmung.

Das eigentliche Problem liegt jedoch tiefer. Der Artikel versucht, Einflussnahme sichtbar zu machen – bleibt aber in den Mustern, die er kritisiert: Undurchsichtige Allianzen, selektive Zitation, strategisches Schweigen. Der Text spielt mit einem Unterton, der nicht sagt, aber wissen lässt: Wer sich auf Israel einlässt, begibt sich in politische Schuld. Der Text behauptet, nicht zu werten – aber er zählt akribisch die Flüge, die Funktionen, die Veranstaltungsorte. Das alles ergibt ein moralisches Konto, das am Ende keine Rechenschaft fordert, sondern eine Abrechnung liefert.

Wer so schreibt, will nicht differenzieren, sondern disziplinieren. Ziel ist nicht Aufklärung, sondern politische Ausgrenzung. Nicht der Einfluss wird untersucht, sondern die Integrität derjenigen, die ihn „zugelassen“ haben. Es ist ein Text, der nicht fragt: Was denken die Leute? Sondern: Wessen Interessen dienen sie? Und das erinnert in seiner Struktur fatal an genau jene Logik, die er zu entlarven vorgibt.

Bartal und Monroy liefern ein Elaborat in Verdachtstechnologie. Es ist ein Text, der fragt, aber keine Antwort zulässt. Der Argumente wie Geschosse verwendet – aber ohne Ziel. Der viel über Flugtickets, aber wenig über politische Inhalte weiß. Und der am Ende nur einen Subtext kennt: Wer Israels Existenzrecht ernst nimmt, kann kein Linker sein. Es ist ein Text, der mehr über seine Autoren verrät als über sein Thema.

Warum nd dieser Mischung aus journalistischem Voyeurismus und ideologischer Übergriffigkeit eine ganze Seite widmet, bleibt eine eigene Frage. Vielleicht, weil im deutschen Links-Sektierertum auch noch 2025 die Stalinistische Maxime gilt: „Antizionismus ist die letzte Antithese, auf die man sich verlassen kann.“.

 

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