Der deutsche Kleinbürger träumt sich an den Rockzipfel der Weltgeschichte, und wenn’s nur der Grabstein von Trumps Tante ist.
TL;DR: „Die Verbindung bleibt lebendig“, schreibt AfD-MdB Thomas Stephan an Trump – gemeint ist das Grab seiner Tante. Patriotismus als Friedhofskitsch, Blut-und-Boden-Poesie statt Politik. Fremdscham im Sonntagsstaat, maskiert als Gemeindegruß.
„Die
Verbindung zwischen Ihrer Familie und unserer Gemeinde in Rheinland-Pfalz
bleibt lebendig.“
— Thomas Stephan, AfD
Lebendig,
ja. Lebendig wie ein schlecht konservierter Leichnam im Gemeindesaal. Wenn ein
AfD-Bundestagsabgeordneter am Grab von Donald Trumps Tante niederkniet, dann
nicht, weil er trauert – sondern weil er hofiert. Thomas Stephan veröffentlicht
am 16. September einen Facebook-Beitrag, der sich liest wie eine Mischung aus
Beileidskarte und Blut-und-Boden-Poesiealbum: „Heimat Ihrer Vorfahren“,
„liebevoll gepflegt“, „würdevoll hergerichtet“ – Worte, die sich nach
Heimatabend mit Fackelzug anhören, nicht nach parlamentarischer Sacharbeit.
Was die AfD
hier betreibt, ist keine Ehrung, sondern Kitsch mit ideologischem Sprengsatz.
Der Hinweis, dass „die anderen Gebeine Ihrer Familie sich im Gemeindehaus
von Kallstadt“ befinden, wirkt wie ein makabrer Nachruf mit touristischem
Beipackzettel. Willkommen im Erinnerungspark der Volksgemeinschaft! Grabpflege
als völkische Verbindungspflege.
Dass der
Text auch auf Englisch erscheint, ist keine Geste der Höflichkeit, sondern ein unterwürfiger
Kotau vor einem Gleichgesinnten im Ausland. Trump wird nicht angesprochen,
weil er Präsident war – sondern weil er autoritär ist. Weil er Hass salonfähig macht.
Weil er die Sprache der AfD schon spravh, bevor Gauland sie stottern lernte.
Der Beitrag
trieft vor ideologischer Anbiederung: Trumps Gene werden zum
deutsch-nationalen Erbgut verklärt, die „liebevollen Bürger von Kallstadt“ zum
Pflegepersonal einer imaginären deutsch-amerikanischen Blutlinie. Hier stirbt
nicht nur der politische Anstand, sondern auch jede Form von historischem Bewusstsein.
Wer Gräber braucht, um Politik zu machen, dem sind die Lebenden nichts mehr
wert.
Man muss
sich fragen, welche Vorstellung von „Gemeinde“ diese Partei hat: Offenbar eine,
die sich nicht aus sozialen Realitäten speist, sondern aus Ahnenreihen,
Friedhofsromantik und Herkunftsfanatismus. Für Stephan ist Kallstadt nicht
Ort, sondern Mythos; Trump kein Politiker, sondern Ahnengott.
„So bleibt
die Verbindung zwischen Ihrer Familie und unserer Gemeinde [...] lebendig.“
Nein, Herr
Stephan, was Sie hier lebendig halten, ist kein Band der Geschichte – sondern
das modrige Erbe einer völkischen Ideologie, die sich an Namen, Gräbern
und Herkunft klammert, weil ihr Argumente und Moral längst abhandengekommen
sind.
Der deutsche
Kleinbürger träumt sich wieder an den Rockzipfel der Weltgeschichte, und
wenn’s nur der Grabstein von Trumps Tante ist. Das ist kein Patriotismus, das
ist Fremdscham im Sonntagsstaat.