Die AfD will Deutschland arisch, die Linksjugend Frankfurt Israel judenrein

 TL;DR:Die AfD will Deutschland arisch, die Linksjugend Frankfurt Israel judenrein: Rechts träumt von „Remigration“, links von Juden-Export nach Bayern. Wer das „solidarisch mit Palästina“ nennt, ebnet den Unterschied zwischen Kritik & Antisemitismus ein.


Es ist schon eine eigentümliche Dialektik der deutschen Gegenwart, dass rechts außen von der „Remigration aus Deutschland“ halluziniert wird, während links außen der Austausch ganz konkret ausbuchstabiert wird: Nicht Migranten raus, sondern Juden – nur bitte nicht aus Deutschland, sondern aus Israel. Die AfD will Faktisch ein „Ariesches“ Deutschland, die Linksjugend Solid Frankfurt Israel „judenrein“. Die einen knüpfen an die völkischen Reinheitsfantasien der 1930er an, die anderen fordern gleich einen Nahen Osten ohne Juden – und während die AfD den Holocaust lieber kleinredet, instrumentalisieren ihn die anderen, um ihre Vertreibungsphantasien als Wiedergutmachung auszugeben

Ein gewisser Panda 🍉 schlägt vor, den Judenstaat samt jüdischen Bewohner*innen zu versetzen – nach Bayern, versteht sich, im Namen der Schuld, der Staatsräson und der Wiedergutmachung. Eine Umsiedlung, die in ihrer schlichten Genialität auf der Linie jener deutschen Staatskunst läge, die einst – noch vor der Wannseekonferenz – die „Madagaskar-Lösung“ erdachte: Wenn’s mit den Juden schon nicht in der Nachbarschaft klappt, dann schiebt man sie eben kollektiv woandershin. Dass knapp die Hälfte der israelischen Juden Mizrachim sind – aus Bagdad, Damaskus, Casablanca, Aden vertrieben –, ist in diesem Szenario nebensächlich. Wer einmal als „die Juden“ etikettiert ist, der gehört für die Linksjugend Solid Frankfurt offenbar ins deutsche Reparations-Reservat, ungeachtet seiner tatsächlichen Herkunft.

Die Linksjugend Solid Frankfurt erklärt nun per Twitter „offiziell“ ihre Unterstützung für diesen Geistesblitz. Offenbar gilt dort: Wenn der Parteivorstand der Linken im Mai dieses Jahres beschließt „Das Existenzrecht des Staates Israel ist für uns nicht verhandelbar“, sagt die Jugendbasis der Ex-Parteivorsitzenden Janine Wissler: „Nö, Israel und der Wohnort der dort beheimateten Juden ist verhandelbar“ – wenn es nur im Gewand einer angeblich humanistischen Fantasie daherkommt. Die Worte des Parteivorstands werden hier nicht kritisiert, sondern umgedeutet: Nicht mehr Schutz jüdischen Lebens in Israel, sondern Neuverpflanzung jüdischen Lebens nach Deutschland. Das nennt sich dann Linke Politik: dieselbe Logik, mit der Ben Gvir Palästinenser*innen aus Gaza vertreiben oder Netanjahu sie in der saudischen Wüste ansiedeln will – nur diesmal gegen die Jüdischen Bewohner*innen Israels gewendet und in die Pose der Solidarität gekleidet.

Wer dergleichen für „solidarisch mit Palästina“ hält, hat den Unterschied zwischen Kritik an der israelischen Regierung und der Delegitimierung jüdischer Selbstbestimmung so gründlich eingeebnet, dass er wahrscheinlich auch die Mauer zwischen Widerstand und Antisemitischen Ressentiment für einen dekorativen Gartenzaun hält.

Update 14.08., 11:00 Uhr
Der unsägliche Judenreinheits-Tweet der Linksjugend Frankfurt vom 11. August ist gelöscht. Nun heißt es, die Phantasie einer Umsiedlung der Juden nach Bayern sei ein Witz, Satire, nicht so ernst gemeint. Doch die Berufung auf die Gattung „Scherz“ entlastet nicht, sie verschärft den Vorwurf. Wer den Plan, Israel aufzulösen und seine jüdischen Bewohner nach Oberbayern zu verfrachten, als Pointe verkauft, verwechselt den Unterschied zwischen Witz und antisemitischem Ressentiment, zwischen Satire und Projektion. Statt Distanzierung erfolgt Verdoppelung: Der Originaltweet wird bekräftigt, seine Unterstützung gerechtfertigt, und der Vorwurf antisemitischer Imagination zur Fehllektüre erklärt. Am Ende bleibt von der Satire nicht mehr als die Wiederauflage des Madagaskar-Plans – diesmal mit Bayern als Ziel. Glaubwürdig an dieser „Rechtfertigung“ ist nichts.

 


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