Wenn Trumps Krieg gegen Migrant*innen Weihnachtlich leuchtet
TL;DR: Ein KI-Weihnachtsmann als ICE-Agent: In den USA wirbt ein Video mit dem Slogan „YOU’RE GOING HO HO HOME“ für Abschiebungen und der Weihnachtsmann treibt Migrant*innen für die Einwanderungsbehörde ICE zusammen. Mit Waffe, Lächeln und Prämie. Wenn Weihnachten zur Kulisse von Vertreibung wird, leuchtet Trumps Krieg gegen Migrant*innen festlich.
Ein KI-generiertes Video der US-Einwanderungsbehörde inszeniert den Weihnachtsmann als ICE-Agenten. Was als Werbespot getarnt ist, entlarvt das politische Klima der Gegenwart – und eine perverse Logik der Moral.
In den USA hat
die Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) zu Weihnachten ein
neues Gesicht ihrer Politik vorgestellt: den Weihnachtsmann. Nicht den
gütigen alten Mann, der Kinder beschenkt, sondern eine digital erzeugte Version
in kugelsicherer Weste, mit Waffe und ICE-Logo auf der Brust. Im Video, das
unter dem Titel „YOU’RE GOING
HO HO HOME“ in den sozialen Netzwerken verbreitet wird, verhaftet
Santa Claus Migrant*innen, begleitet sie zu Flugzeugen und mahnt sie, sich doch
freiwillig abzuschieben – über die CBP-One-App, ein digitales Werkzeug der
US-Grenzverwaltung.
Wer dem Aufruf
folgt, dem winken laut Behördenangaben 3.000 Dollar und ein kostenloser
Rückflug in die Heimat. Die Prämie, so das Heimatschutzministerium (DHS),
sei für die Feiertage verdreifacht worden – ein „Weihnachtsgeschenk“
an jene, die das Land lieber verlassen als sich verhaften zu lassen. Die
Kampagne, Teil der DHS-Initiative zur Förderung freiwilliger Abschiebungen,
läuft bis Ende 2025.
Die Festtage
als Kulisse der Vertreibung
Das Video reiht
sich ein in eine Serie festlich dekorierter Werbespots, mit denen US-Behörden
ihre Abschiebepolitik medial aufbereiten. In früheren Clips posierten
ICE-Agenten mit Weihnachtsmannmützen, geschmückten Schutzschilden und
Sturmgewehren. Auf einem der offiziellen Bilder prangt der Schriftzug „Frohe
Weihnachten“ auf einem ballistischen Schild. In einem weiteren GIF
gleitet Donald Trump, montiert auf einem Schlitten, über einen Winterhimmel –
lächelnd, tanzend, siegesgewiss.
Die Bildsprache
ist eindeutig: Die Abschiebung wird zur Feier, die Grenze zur Bühne, die Macht
zur Moral. Der Humor – sofern man ihn so nennen will – liegt im Schock. Und der
Schock, das ist der Punkt.
Nach Angaben
des DHS soll die Kampagne dazu beitragen, „das Bewusstsein für freiwillige
Rückkehrprogramme zu stärken“. Kritiker sehen darin eher eine zynische
Vermarktung der Angst. Die App CBP One, einst von der Biden-Regierung
eingeführt, um legale Einreisen zu koordinieren, dient nun als Werkzeug zur
Selbstmeldung – eine technokratische Variante der Selbstaufgabe.
Ein Sprecher
der Bürgerrechtsorganisation American Immigration Council sagte dem
Sender NPR, die Kampagne „instrumentalisiere
kulturelle Symbole, um Repression zu verniedlichen“. Das sei, so wörtlich,
„nicht Öffentlichkeitsarbeit, sondern psychologische Kriegsführung mit
Zuckerguss“.
Wenn der
Heiland marschiert
Weihnachten,
das Fest der Liebe, ist für viele weiße evangelikale Wähler der USA längst ein
Symbol nationaler Identität – nicht universaler Nächstenliebe. Der Jesus, an
den sie glauben, hat wenig mit dem bärtigen Pazifisten aus dem Neuen Testament
gemein. Eher gleicht er dem Krieger, der die Grenzen verteidigt und die
Ungläubigen vertreibt.
Dass nun
ausgerechnet der Weihnachtsmann, jene von Coca-Cola industrialisierte Ikone
amerikanischer Heiterkeit, in die Uniform des Grenzschutzes schlüpft, ist
folgerichtig: Ein säkularer Heiliger im Dienst der Ordnung, ein „Ho Ho Ho“ als
moralische Parole.
Dass der Spot
KI-generiert ist, fügt der Geschichte eine zweite Ironie hinzu. Die Maschine
übernimmt, was der Mensch längst verinnerlicht hat: die reibungslose Verbindung
von Empathie und Exekution. Die Künstliche Intelligenz wird so zur ästhetischen
Entlastung des politischen Willens.
Hier wird
nichts gefälscht, sondern digital veredelt: das gute Gewissen der Gewalt.
Der Spot „YOU’RE
GOING HO HO HOME“ ist keine Panne, kein Missverständnis und keine Satire.
Er ist Ausdruck einer Kultur, die ihre Brutalität als Tugend tarnt. Wer Migrant*innen
abschiebt, kann sich als moralisch integer fühlen – solange der Weihnachtsmann
lächelt.
Vielleicht
beantwortet das tatsächlich die Frage, was Weihnachten im Jahr 2025 bedeutet:
Nicht die Geburt eines Erlösers, sondern die Wiedergeburt eines Symbols, das
gelernt hat, zu dienen.
KI-generiertes Video eines
„ICE-Weihnachtsmanns“, der Migrant*innen verhaftet. 🤮
