Verfehlter Anspruch, verkürzte Solidarität – die Partei 'Die Linke' in Baden-Württemberg und ihr Abschied vom Universalismus
TL;DR: Die Linke BaWü verabschiedet sich vom Universalismus: Statt Aufklärung gibt’s Parolen, statt Solidarität mit allen Opfern selektive Empörung. Der Antrag zur ‘Gaza’ ist kein Bekenntnis zur Gerechtigkeit – sondern zur ideologischen Selbstvergewisserung.
Kritik des Beschlusses „Für ein Ende des
Genozids und das Ende der Besatzung – Solidarität mit der Global Sumud
Flotilla“ des Landesparteitags der Linken Baden-Württemberg
Die
revolutionären Räte von Karlsruhe und Calw-Freudenstadt sind auf dem
Landesparteitag der Linken Baden-Württemberg am vergangenen Wochenende in der
Filderhalle zusammengekommen – und herausgekommen ist, neben anderem – ein
Dokument von solch kläglicher Verwirrung, dass man kaum weiß, ob man lachen,
weinen oder einfach verzweifeln soll.
Unter
dem Banner von Humanität, Antikolonialismus und internationaler Solidarität
wurde hier in der Düsternis der ideologischen Verblendung ein Text beschlossen,
der – bei Licht und Verstand betrachtet – nichts weiter ist als ein Manifest
des humanitären Analphabetismus mit Hang zur regressiven Linkspose.
Statt
universeller Maßstäbe regiert der moralische Tunnelblick. Statt aufklärerischer
Komplexität liefert der Antrag eine politische Reiztapete aus Parolen, Empörung
und unverdautem Weltbild. Ein Papier, das sich selbst entlarvt – man muss es
nur lesen.
„Seit 77 Jahren sind
Palästinenser*innen Vertreibung, Kolonisation und Unterdrückung durch den
israelischen Staat und israelische Siedlermilizen ausgesetzt.“
Sätze
wie diese gehören längst zum Standardrepertoire des links-sektiererischen
Katechismus. Man kann sie aufsagen, noch bevor man sich die Mühe gemacht hat,
nachzuschauen, wann Israel eigentlich gegründet wurde, wer 1947 welchen
UN-Teilungsplan ablehnte – oder wer im Nahen Osten heute was genau unter
"Widerstand" versteht.
Dass
ausgerechnet ein Landesparteitag in Baden-Württemberg meint, den Völkermord
identifizieren zu müssen, den der Internationale Strafgerichtshof noch prüft,
mutet an wie ein Provinzgericht, das sich zur Weltethikkommission aufbläst. Und
dass dabei der 7. Oktober 2023 in einer langen Litanei von Gräueln – Bomben,
Blockaden, Bulldozer – nicht
auftaucht, ist kein Zufall, sondern Methode.
„Der Kampf für Palästina
und gegen dessen historische Kolonialisierung und Unterdrückung, durch das
Vorgehen seit der Staatsgründung Israels, ist auch unserer.“
Ah,
der eigene Kampf. Eine linke Haltung misst sich bekanntlich daran, wen sie bekämpft. Israel, so
lernt man, ist nicht etwa ein Staat im Ausnahmezustand, umgeben von Feinden,
sondern die letzte Kolonialmacht im Mittelmeerraum. Und der Terror der Hamas? Eine
unschöne Begleiterscheinung – von demselben historischen Fluss getragen wie die
Nakba.
Dass
man das Massaker vom 7. Oktober "aufs Schärfste verurteilt", schreibt
man in einen Nebensatz, damit man ihn beim solidarischen Skandieren im Block
bequem überhören kann. Denn wichtiger ist ja: „Wir unterstützen das Recht auf Widerstand.“
Und weil man dabei nicht dazusagt, wogegen
und womit, darf
sich auch das nächste Massaker als antikoloniale Tat ins Programmheft
schleichen.
„Die Linke
Baden-Württemberg erkennt an, dass die israelische Kriegsführung in Gaza die
Kriterien für einen Genozid erfüllt.“
Das
erkennt sie, obwohl kein völkerrechtlich zuständiges Gremium dies bislang getan
hat. Aber was sind schon internationale Gerichte gegen einen Parteitag in der Württembergischen
Provinz? Dass der Begriff „Genozid“
hier mit einer Lockerheit verwendet wird, mit der man andernorts Plastiktüten
verteilt, sagt mehr über das ideologische Bedürfnis als über die Lage in Gaza.
Und
während man die IDF als Vernichtungsmaschine zeichnet, bleibt kein Wort
darüber, dass die Hamas sich unter Krankenhäusern und Kindergärten verschanzt.
Moralische Komplexität ist eben nur hinderlich, wenn man sich selbst auf der
Seite der Gerechten verortet – mit „Solidarität
mit der Global Sumud Flotilla“, jener moralischen Kreuzfahrt
zwischen Naivität und antiwestlicher Projektionslust.
„Deutschland trägt eine
Mitverantwortung für diesen Genozid.“
Wer
braucht noch Aufklärung, wenn er Schuldhygiene betreiben kann? Die
Waffenexporte an Israel werden zur Komplizenschaft mit Völkermördern erklärt –
und wenn die Bundesregierung sie aussetzt, reicht das natürlich auch nicht. Die
Forderung lautet: vollständige Abrüstung des jüdischen Staates. Dass Israel
sich dann nicht mehr verteidigen könnte? Kollateralschaden im Kampf für den
Frieden.
„Wir betonen, dass Kritik
am Staat Israel und Solidarität mit Palästina nicht gleichzusetzen sind mit
Antisemitismus.“
Ein
Satz wie aus dem Handbuch für rhetorische Selbstfreisprechung. Wer so oft
betonen muss, was er nicht
ist, hat offenbar ein schlechtes Gewissen. Und wer sich auf die „Jerusalemer Erklärung“
stützt, um den Antisemitismusbegriff weichzuspülen, tut dies nicht, um
jüdisches Leben zu schützen – sondern, um die letzte rote Linie zu übertreten,
ohne das Etikett zu verlieren: links, gerecht, unfehlbar.
„Wir verurteilen die
islamistische Hamas...“
Ein
kurzer Einschub, rhetorisch abgehakt – direkt im Anschluss das Bekenntnis zum „Widerstandsrecht“. Wer
derart beflissen differenziert, dass er Massaker als Kontextprodukt und
israelische Gegenschläge als Vernichtungspolitik versteht, betreibt keine
Aufklärung, sondern moralischen Kunstschnee.
„Wir stehen an der Seite
all derer, die international in konkreter Aktion gegen den Genozid kämpfen...“
Darunter
die Hafenarbeiter, die "Militärgüter nach Israel" nicht verladen. Was
nach zivilem Ungehorsam klingt, ist in Wahrheit nichts anderes als ökonomischer
Boykottstaatismus unter moralischer Tarnkappe. Wer Waffenlieferungen an die
Ukraine für Frieden hält, aber an Israel für Völkermord, zeigt nicht Haltung,
sondern Gesinnungsgymnastik im Weltbildstudio.
Der
Antrag nennt sich Dringlichkeitsantrag,
doch was hier drängt, ist nicht das Mitleid mit der Zivilbevölkerung – sondern
der Wunsch, endlich sagen zu dürfen, was man sich früher nur zu denken traute: Dass Israel das Problem sei.
Er
ist ein Paradebeispiel linker Regression:
·
Er verwechselt Analyse mit Aktivismus,
·
Gerechtigkeit mit Gesinnung,
·
und Solidarität mit Selektion.
Er
romantisiert islamistischen Terror als Widerstand, stilisiert Hamas-Gefangene
zu „palästinensischen Geiseln“, verleiht einer Schiffsflotte humanitären
Heiligenschein – und verdreht jeden historischen Maßstab, bis aus Auschwitz ein
Argument gegen Israel wird.
Wer
so redet, hat nicht nur den moralischen Kompass verloren –
sondern wirft ihn einem Meer entgegen, in dem die Flotilla der Eitelkeit unter
falscher Flagge segelt.
Die "Debatte" dazu Tag 3 - 9.Landesparteitag 3. Tagung

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