Tweet von Khamenei zur Sumud-Flottille: Jeder hat die Unterstützer, die er verdient
TL;DR: Jeder hat die Unterstützer, die er verdient: Khamenei applaudiert der Sumud-Flottille. Wenn sich links gebende Aktivist*innen von einem holocaustleugnenden Vernichtungsantisemiten bejubeln lassen, ist das kein Zufall – sondern Kollateralschaden ihres antiimperialistischen Selbstbetrugs.
Die islamische Republik Iran, eine Theokratie mit Faible für das Hängen von Oppositionellen und Schwulen an Kränen, Bombenattentate gegen Jüdische Gemeindehäuser, extraterritoriale Auftragsmorde und Holocaustleugnungskonferenzen, meldet sich zu Wort. Genauer: zu Tweet.
Ajatollah Khamenei, der gerne mal beim empfangen von Soldaten der Luftwaffe vom „Mythos des Massakers an den Juden, bekannt als Holocaust“ spricht, dessen Beitrag zur Menschenwürde ungefähr dem der Taliban zur Emanzipation der Frau entspricht, bedankt sich öffentlich bei der „Sumud-Flottille“ – jenem bunt beflaggten Schiffsensemble, auf dem sich links fühlende akademische Aktivist*innen an Deck „Genozid“ brüllend und sich auf humanitärer Mission wähnend inszenieren, während unter Deck vermutlich Broschüren mit Zitaten von Edward Said und Ali Shariati kreisen – gen Gaza schiperten, bis Israel die Posse beendete.
Es
ist die übliche Choreografie des regressiven Antiimperialismus: Wer Israel
ruft, meint nie konkret, sondern immer absolut. Im Geschichtsbild des höchsten
Vernichtungsantisemiten des Iran, Ali Khamenei, ist Israel nicht Staat, sondern
Sünde – und Palästina Erlösung. Dass sich linke Protestbewegungen auf See nun
von eben diesem Mann bejubeln lassen, ist kein Unfall der Geschichte, sondern
ihre logische Folge, wenn das Gedächtnis der Aufklärung durch die Demagogie der
Lager ersetzt wird.
Khamenei
nutzt die Gelegenheit, wie alle Populisten in Turban, um seine Anhänger zu
mobilisieren – und nebenbei ein paar westliche Linke zu gewinnen, die nicht
bemerken, dass sie sich längst vom Pazifismus zur Parteinahme für eine Diktatur
hinübergebeugt haben. Der Tweet ist kein Zufall, sondern ein Testballon: Wie
weit darf man gehen, bis auch im Westen niemand mehr widerspricht?
Die
Frage, ob die akademische Pro-Palästina-Szene sich solcher Unterstützung
verwehren wird, ist schnell beantwortet: Nein. Wer auf Anti-Imperialismus
promoviert hat, empfindet Islamismus nicht als Problem, sondern als Partner. So
bleibt Khamenei nicht nur auf der „richtigen Seite der Geschichte“, sondern
auch auf der Gästeliste mancher Podiumsdiskussion.
Der
Philosoph Hegel bemerkte einst, dass die Eule der Minerva erst mit der Dämmerung
ihren Flug beginnt. In diesem Fall dürfte sie angesichts der intellektuellen
Dunkelheit gar nicht erst losgeflogen sein.