Warum die autoritär-sektiererische deutsche Linke mit ihrer Ablehnung von Trumps Gaza-Plan kolossal irrt
TL;DR: Wer Trumps Gaza-Plan reflexhaft ablehnt, weil er nicht perfekt ist oder von Trump stammt, verwechselt Moral mit Realitätsverweigerung. Ein unvollkommener Frieden rettet Leben – ideologische Reinheit rettet niemande
Wenn der
deutsche Linke empört ist, dann richtig: Er will keine Kompromisse, sondern
Erlösung. Keine Pläne, sondern Programme. Keine Realität, sondern Richtigkeit.
Und wenn es um Palästina geht, dann wird aus linker Gesinnung schnell ein
dogmatischer Stehsatz – etwa: Jeder Plan, der nicht das Ende der Besatzung
verkündet, ist kolonial, imperial, zionistisch – oder alles zugleich. Und also
wird Trumps 20-Punkte-Plan, jenes blasse, pragmatische Dokument mit taktischem
Stallgeruch, als „Kapitulation“,
„Ein
ungeheuerlicher Plan“ , „ultra-kolonialistischen
„Friedensplan“ Trumps“ und „imperialistisches Täuschungsmanöver.“ denunziert. Nicht von Netanjahu, sondern von seinen vermeintlich
glühendsten Gegnern: der linken Solidaritätsfraktion im Westen. Und hierzulande
vor allem: der autoritär-sektiererischen deutschen Linken mit
Palästina-Fetisch.
Dabei hätte
man es doch einfacher haben können. Man hätte lesen können, was drin steht.
Nicht viel – aber genug, um die einzig relevante Frage zu stellen: Ist dieser
Plan besser als das, was jetzt ist? Die Antwort, so grausam sie klingt, ist
einfach: Ja. Ein schlechter Deal ist besser als gar keiner, wenn das einzige
Alternativprogramm „weiter metzeln“ heißt.
Doch das
will die empörte Pro-Palästina-Linke nicht hören. Sie will, dass der Plan
scheitert. Denn der Plan ist nicht „antikolonial“,
nicht „antikapitalistisch“, nicht einmal
„antikolonialistisch-global-solidarisch-mit-unserem-Widerstand“. Er ist einfach
nur: ein Plan. Einer, der für einen Waffenstillstand sorgt – ohne den Anspruch,
3.000 Jahre Leid zu heilen. Und weil er ausgerechnet von Donald Trump kommt,
dem orangefarbenen Erzdämon aller akademischen Hinterzimmer, kann er per
definitionem nichts Gutes bringen.
Dass
ausgerechnet Netanjahu, dessen rechter Rand normalerweise jeden Friedenshauch
mit „Oslo!“ und „Gott bewahre!“ beschreit, nun diesen Plan verteidigt, könnte
zum Nachdenken anregen. Stattdessen regt sich nur der kollektive linke Furor.
Als wäre nicht gerade der Unterstützer des Plans die eigentliche Pointe. Als
würde nicht die Tatsache, dass Hamas mitverhandelt, zeigen, wie realpolitisch
ernst die Lage geworden ist.
Aber
Realpolitik ist in deutschen linken Kreisen ein Reizwort. Die Realität ist eine
Zumutung, wenn sie nicht der Theorie folgt. Also wird lieber von einer Welt
fabuliert, in der die Hamas gleichberechtigter Gesprächspartner einer moralisch
geläuterten Weltgemeinschaft ist, die mit UN-Gesetzen wedelnd auf Gerechtigkeit
pocht, während auf den Trümmern Gazas internationale Solidaritätsbrigaden Marx
rezitieren.
Das Dilemma
ist tragisch: Die deutsche Linke will lieber Recht behalten, als Frieden
schließen. Die Gazaner, so scheint es, dürfen gerne weiter sterben – solange
niemand „Trump“ ruft. Dass ein Plan, der wenigstens einen Waffenstillstand
herstellt, jede Stunde Leben retten könnte, wird weggewischt. Stattdessen: „Ein
Friedensplan, der keine Gerechtigkeit bringt, ist keine Lösung.“ Was übersetzt
heißt: Lieber keinen Frieden als einen falschen. Lieber weitere 70 Tote am Tag
als ein Deal mit Donald. Lieber Prinzip als Pragmatik.
Dabei müsste
man gar nicht viel loben, um zuzustimmen. Der Plan ist unvollständig, ja. Er
riecht nach hegemonialer Architektur, gewiss. Und seine Punkte 19 und 20, mit
der Arroganz westlicher Staatslogik in arabische Zukunft geschrieben, sind
alles andere als revolutionär. Aber sie sind ein Anfang. Und, wie jeder Anfang,
nicht perfekt.
Perfektion
aber ist der Feind dieser deutschen Linken. Nicht, weil sie sie für möglich
hielte – sondern weil sie ihr als moralische Ausrede dient, sich dem Schmutz
der Wirklichkeit nicht zu stellen. Dass Netanjahu hier erstmals einen Satz über
palästinensische Staatlichkeit mitträgt – geschenkt. Dass die Hamas in Scharm
El-Scheich verhandelt – egal. Dass der Plan mit der UN-Erklärung
korrespondiert, die die Linke selbst gut fand – nebensächlich. Hauptsache: Der
Plan fällt. Hauptsache: Trump verliert. Hauptsache: das eigene Gewissen bleibt
unbefleckt.
Was bleibt,
ist ein erbärmlicher Trost für die Toten. Und ein Armutszeugnis einer
politischen Strömung, die sich als humanitär versteht, aber bereit ist, jeden
Frieden zu opfern, wenn er nicht aus dem eigenen Lager stammt. Eine Linke, die
sich für fortschrittlich hält, aber argumentiert wie Netanjahu 2015 beim
Iran-Abkommen: Kein Deal ist besser als ein schlechter. Wir wissen, wie das
ausging.
Man muss
Trumps Plan nicht lieben. Aber wer ihn rundweg ablehnt, hat nichts verstanden –
weder vom Krieg, noch vom Frieden. Und schon gar nicht von Palästina.