Der Genosse als Ketzer: Bodo Ramelow und das Insta Inquisitionstribunal der ['solid] Magdeburg

TL;DR: „Zionist, Sexist, Kriegstreiber“ ruft die Linksjugend ['solid] Magdeburg als Mantra gegen Bodo Ramelow – und verwechselt Kritik mit Karikatur. Wer Zionismus verteufelt & Fakten zur DDR als „antikommunistische Lügen“ diffamiert, hat nur das autoritäre Gehabe der sektiererischen Linken gelernt.

Linksjugend ['solid] Magdeburg diffamiert Ramelow als „Zionist“. Eine Polemik über Antizionismus, DDR-Verklärung und autoritäre Gesten statt linker Kritik.


Die Linksjugend Magdeburg inszeniert Bodo Ramelow als „Zionisten“, um ihn zu dämonisieren – ganz so, als sei Zionismus ein schlimmeres Verbrechen als Nationalismus, Antisemitismus oder autoritärer Sozialismus.

Wenn junge Menschen auf die Straße gehen, um gegen einen „Zionisten“ zu demonstrieren, der in der Pauluskirche aus einem Buch über die DDR liest, dann ist das nicht mutig, sondern eine Provinzposse aus der imaginierten dritten Weltkriegsfront im Kopf der letzten Antiimperialisten.

„Sexist, Kriegstreiber und Zionist“ – so lautet das heilige Dreigestirn der Verdammung, das die linksjugend ['solid] Magdeburg über Bodo Ramelow verhängt. Dass diese Begriffstrias nicht aus dem Schwarzbuch des Imperialismus stammt, sondern aus einem Instagram-Post, sagt viel über den Zustand einer Jugendorganisation, die sich lieber in moralisierter Liturgie übt als in politischer Analyse. Wo einst Klassenanalyse war, steht jetzt: „halt dein Maul“.

Die DDR als Opfer der Westpropaganda? Mit Verlaub: Lächerlich

Wer „Zionist“ als Beleidigung verwendet, hat aus Auschwitz nur eines gelernt: nichts. Dass Ramelow für die Zwei-Staaten-Lösung eintritt, macht ihn nicht zum „Kriegsverbrecherfreund“, sondern zu einem Realisten in einem Konflikt, dessen Komplexität sich nicht in der Instagram-Story einer „Palästina-Solidarität Magdeburg“ abbildet. Aber in der Welt dieser Genoss*innen ist schon „Hamas-Scheiß“ ein Skandalwort, während die Raketen auf israelische Zivilisten offenbar dem gerechten Klassenkampf entspringen.

Der Vorwurf, das Buch „Die neue Mauer“ stelle die DDR „pauschal schlecht“ dar, ist entwaffnend ehrlich – nicht, weil er richtig wäre, sondern weil er offenbart, dass hier der autoritäre Staatssozialismus als emanzipatorischer Referenzrahmen herhalten muss. Der antifaschistische Schutzwall schützt nun also auch vor politischem Erkenntnisgewinn. Dass jemand wie Kowalczuk, der sich jahrzehntelang mit der DDR-Diktatur auseinandergesetzt hat, zum Lügner erklärt wird, ist nicht mutig – es ist postfaktischer Stalinismus mit Ironie-Merch.

Dass Ramelow eine palästinasolidarische Genossin als „emotional“ bezeichnet haben soll, wird zum Beweis für „sexistische Züge“ umgedeutet – ohne Kontext, ohne Dokumentation, ohne Diskurs. Das ist nicht Kritik, das ist Charaktervernichtung mit Hashtag. Wer so argumentiert, braucht keine Gegner – nur Spiegel.

Die Pflicht zum Pflichtjahr – das Feindbild als Flachware

Ramelow setzt sich für ein soziales Pflichtjahr ein. Die linksjugend ['solid] schreit: „Ostfront!“. Man weiß nicht, was dümmer ist – der historische Analphabetismus oder die Gleichsetzung von FSJ und Vernichtungskrieg. Letzterer jedenfalls dürfte in Magdeburg nicht durch Seniorenbetreuung in Pflegeheimen wiederholt werden.

Ein Beitrag, der sich selbst entlarvt. „Wir stellen uns gegen diese Lügen und den Links-Larp“, heißt es. Tatsächlich ist das das einzig Zutreffende – denn was hier stattfindet, ist ein Live-Rollenspiel der politischen Infantilität. Statt Analyse: Appell. Statt Kritik: Pose. Statt Argument: „EINFACH MAL DIE FRESSE ZU HALTEN“.

Wer Bodo Ramelow für das Hauptproblem hält, während AfD und Hamas um die Wette reaktionär tönen, verwechselt Kritik mit Karikatur. Diese Leute wollen links sein – sie sind es aber nicht. Sie sind nicht einmal Opposition, sie sind nur noch Opposition zur Wirklichkeit.“

Und ja, wer „Zionist“ sagt und „Feind“ meint, hat nicht nur vergessen, was Auschwitz war – sondern auch, was Antisemitismus ist, wenn er sich als Antizionismus maskiert.

 


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