Die Neuköllner Straße als Spiegel der Gesinnung
TL;DR: „Fick Juden“ und „Fuck LGBTQ“ in Neukölln: Kein Widerstand, sondern Rückfall. Antisemitismus im Outfit von „Free Gaza“, Queerhass ohne Maske – nicht neu, nur wieder da. Neukölln schreibt Parolen, die man nicht ohne Scham zitieren kann.
Zu den Schmierereien in Berlin-Neukölln, Oktober 2025
Berlin-Neukölln, ein Bezirk, der einst als Labor multikultureller Utopien gehandelt wurde, hat nun einen anderen Titel verdient: Exerzierplatz für die Regression mit Spraydose. Am Dienstagabend wurde gemeldet, was der Neuköllner Asphalt längst schrie: „Fick Juden“, „Fuck Israel“, „Free Gaza“, „Fuck LGBTQ“. Rot gesprüht, aber ideologisch so farbenblind wie jene Front, die sich im Namen Gazas antisemitisch gegen Juden, homophob gegen Queers und prinzipiell gegen alles Moderne verschwört.
Die Polizei
zählt zehn Anzeigen, der Staatsschutz ermittelt. Die Täter – noch unbekannt.
Ihre Absicht – überdeutlich. Ihre Sprache – rudimentär. Ihre Ideologie –
Bekannt in Deutschland seit dem Kaiserreich und Deutsches Staatsziel zwischen 1933
und 1945.
Wer auf die
Schaufensterscheibe einer Apotheke „Fick Juden“ schreibt, will keine Kritik an
der israelischen Siedlungspolitik üben, sondern Juden in den Staub schreiben –
physisch wie historisch. Wer daneben „Free Gaza“ pinselt, will keine Befreiung,
sondern betreibt Vernebelung – vor allem der eigenen Motive.
Man kann
diese Handschrift lesen. Man muss nur wollen. Sie schreit nicht nach
Gerechtigkeit, sie verlangt nach der Wiederholung der Geschichte. Nur diesmal
nicht in Uniformen, sondern mit Hoodies und Dosen aus dem Baumarkt.
Und als wäre
der dumpfe Hass auf Juden nicht genug, bekommt auch gleich „LGBTQ“ seinen Platz
im ideologischen Schussfeld. Schließlich gehört zur reaktionären Volksfront von
Neukölln nicht nur die Ablehnung westlicher „Dekadenz“, sondern auch das Recht,
den eigenen Unmut ungefiltert an den Wänden der Zivilgesellschaft zu entladen.
Apotheke? Symbol einer säkularen Moderne. Weg damit.
Der
Staatsschutz ermittelt – eine Wendung, die so deutsch klingt, dass sie beinahe
besänftigend wirkt. Als würde der Apparat, der einst wegsah, heute scharf
hinsehen. Vielleicht tut er das. Vielleicht aber auch nicht lange genug, denn
was da sprüht, kommt nicht nur aus Dosen, sondern aus Köpfen.
Wer Gaza
ruft, aber Juden meint, braucht keine politische Solidarität, sondern eine
historische Grundbildung. Und eine Therapie.
‚Fick
Juden‘ – Antisemitismus im Outfit des ‚Free Gaza‘-Widerstands. ‚Fuck LGBTQ‘ –
Queerfeindlichkeit ohne Maske. Das alles ist keine Rebellion gegen das Empire,
sondern der reflexhafte Rückgriff auf ein deutsches Erbe, das nie wirklich
verschwunden ist. Und Berlin, einst Hauptstadt des Denkens, schreibt wieder
Parolen an Wände, die man nicht ohne Scham zitieren kann.
Es ist nicht
das erste Mal. Es wird nicht das letzte Mal sein. Aber es ist ein weiteres Mal
zu viel.
Wo der Sprühnebel dichter wird, ist das Denken oft dünn. Was sich in Neukölln
an die Wände schmiert, ist nicht Ausdruck von Widerstand, sondern von Verfall –
politisch, sprachlich, moralisch.
Berlin-Neukölln: "Staatsschutz ermittelt wegen antisemitischer undqueerfeindlicher Schmierereien"
