Besser Scheitern Wagenknecht (BSW) – ein Kleinparteientango in Moll
TL;DR:
In
Nordrhein-Westfalen, wo Kommunalwahlen selten die Massen begeistern, hat das
Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine neue Disziplin entdeckt: die Kunst der
politischen Selbstmythisierung. Mit einem landesweiten Stimmenanteil von 0,1 %
und der tröstlichen Rubrik „Andere“ als einzigem Medienplatz, arbeitet man beim
BSW bereits an der nächsten Legende: Man
sei behindert worden. Nicht von der Realität, sondern vom System.
Amid Rabieh, Landesvorsitzender
und amtierender Märtyrerbeauftragter, beklagt öffentlich die „Behinderung von
Kleinparteien“. 30.000 Unterstützungsunterschriften habe man sammeln müssen, um
„in
rund 60 Prozent der Kreise und Großstädte“ antreten zu dürfen. Das klingt
dramatisch – und ist es auch. Nur nicht inhaltlich, sondern rechnerisch: Das
BSW trat in exakt 47 von
427 Kreise und Kommunen an. „Rund 60 Prozent“? Wohl eher: rund um den
heißen Brei. Wer mit solchen Zahlen operiert, sollte vielleicht nicht Politik
machen, sondern Geschichten erzählen. Das BSW scheint beides zu versuchen – und
scheitert an beidem.
Dabei wäre das Wahlergebnis
schon Erklärung genug. In Duisburg
2,1 %, in Wuppertal 2,5 %, unter 2 % in Köln, Aachen, Bochum – also dort, wo
man sich selbst zur neuen Stimme des Volkes ausgerufen hatte. Der große
Aufbruch? Eher ein Mückenschwarm im Orkan. Zwei Auftritte der Namensgeberin
später steht fest: Der Pott steht nicht auf Kreml-Kitsch.
Interessanter
ist, was sich daneben tut. Die Linke, unlängst von Wagenknecht befreit – oder
war es umgekehrt? – gewinnt: 10,8 % in Köln, 9,5 % in Bochum. Die Spaltung,
sonst Schrecken aller Funktionäre, wirkt in diesem Fall wie eine politische
Darmreinigung. Zurück bleibt weniger, aber dafür weniger belastet.
Das
BSW will dies nicht hören. Statt sich der Frage zu stellen, warum es mit einer
vermeintlich populären Frontfrau und einer Mischung aus Sozialkonservatismus,
Putinversteherei und Elitenschelte selbst in prekarisierten Milieus nicht
zündet, zieht man die alte Karte: Wir wären weiter, wenn man uns ließe. Aber
man ließ. Und es kam nichts.
„Verantwortlich
sind Politiker, die mit ihren Fehlentscheidungen seit Jahren das Leben der
Menschen verschlechtern“, ließ Wagenknecht am Wahlabend auf X
verlauten. Sicher. Aber was, wenn die Leute das längst wissen – und trotzdem
lieber denen zuhören, die kein Russlandbild aus dem Retroalbum der Weltordnung
mitbringen?
Vielleicht
liegt hier der eigentliche Befund dieser Wahl. Nicht in der „Behinderung“
von Kleinparteien, sondern in der begrenzten Haltbarkeit von
Revolutionsfolklore. Die politische Landschaft ist kein Museum. Wer nichts
wagt, bleibt bei 0,1 %. Wer etwas wagt, darf auch scheitern – aber besser.