Shaun King zeigt: Vom Antizionismus zum Antisemitismus ist es nur ein Zungenschlag

 TL;DR: Shaun King lobt Tucker Carlson für antisemitische Verschwörungstheorien über Israel und Epstein – ein linker Aktivist im Querfront-Modus. Vom Antizionismus zum Antisemitismus ist es oft nur ein Zungenschlag. Carlson applaudiert.




Shaun King, Black Lives Matter-Aktivist und Mitbegründer von Real Justice PAC, entdeckt in seinem Blog The North Star with Shaun King seine Sympathie für den ultrarechten Radaubruder Tucker Carlson. Der wiederum verbreitet gerade die neueste Ausgabe des „Protokolls der Weisen von Zion“ im Fox-News-Format – diesmal mit Jeffrey Epstein in der Hauptrolle als „zionistischer Pädophiler“, gelenkt und finanziert von Israel, um in den USA Eliten zu erpressen.

King tut es Carlson gleich – und verfasst dazu den Text „Where Tucker Carlson says Jeffrey Epstein, the Zionist Pedophile, was funded and guided by Israel to commit crimes in America“, ein rhetorisches Schlachtfest auf besonders widerwärtiger antiisraelischer Verschwörungswelle. Wer meinte, man könne nicht tiefer sinken als Fox, hat King noch nicht auf Substack gelesen.

 Ein Gespenst geht um in den USA – das Gespenst des linken Antirassismus, der sich in antisemitische Verschwörungstheorie verwandelt, sobald das Thema Israel die Tastatur berührt. Shaun King, einst gefeierter Aktivist von Black Lives Matter, hat sich nun im Alleingang daran gemacht, diese Metamorphose zu veranschaulichen – indem er sich zum Steigbügelhalter jenes Tucker Carlson macht, der sonst „Great Replacement“-Thesen propagiert und Bücher mit dem Duktus einer kolonialen Siedlerseele schreibt.

Was ist geschehen? Ein als radikal linker Moralpolitiker auftretender Mann lobt öffentlich einen weißen Nationalisten – weil dieser angeblich eine „Wahrheit über Israel“ auszusprechen wagt, die laut King alle in Washington kennen, aber niemand zu sagen traut: Jeffrey Epstein sei ein „zionistischer Pädophiler“ gewesen, der im Auftrag Israels amerikanische Eliten erpresste. Wer glaubt, Satire sei tot, der lese das Original. Oder besser: Nicht.

Der zynische Charme dieser Enthüllung besteht darin, dass sie sich auf Regierungsdokumente beruft, deren Inhalt ebenso vage bleibt wie die Quelle. Dass Epstein ein sexualisierender Ausbeuter war, ist Fakt. Dass er im Dienste Tel Avivs agierte, ist antisemitisches Wunschdenken im Tarnanzug der Aufklärung. Shaun King aber, einst moralische Instanz für afroamerikanischen Protest, sieht sich nun an der Seite Carlsons, dem er eine Art Heldentat attestiert – wie einst Stalin dem Hitlerpakt: rein taktisch.

Man kann es sich kaum ausdenken: Der Mann, der gegen Polizeigewalt auf die Straße ging, gibt sich nun als Lautsprecher eines rechtsnationalen Publizisten – weil dieser Israel mit Sex, Erpressung und Medienmacht in Verbindung bringt. Es ist das uralte Skript des Antisemitismus: Die Juden (pardon: Zionisten) als Strippenzieher, als moralisch verdorbene Herren einer durchsexualisierten Elite, als Schattenmacht im Hintergrund – nur dass das Ganze diesmal aus dem Mund eines Linken kommt. Oder besser: aus dessen Substack.

Dass King von einem „zionistischen Pädophilen“ spricht, ist nicht nur eine semantische Geschmacklosigkeit, sondern auch ein ideologischer Offenbarungseid. Der Begriff kodiert: Nicht das Verbrechen zählt, sondern seine angebliche ethnopolitische Herkunft. Die Schuldfrage wird nicht juristisch, sondern genealogisch gestellt. Epstein, dieser schmierige US-Millionär mit fragwürdigen Kreisen, mutiert zur Marionette Israels. Die Opfer werden zur Nebensache – instrumentalisiert für eine Denunziation, deren Ziel keine Aufklärung ist, sondern Revanchephantasie.

Wer glaubt, hier rede ein Aufklärer, hat sich verhört. Hier spricht ein Demagoge. Und wer Applaus von rechts kassiert, weil er Israel für alles Übel dieser Welt verantwortlich macht, hat die politische Adresse gewechselt – auch wenn das alte Etikett noch auf der Jacke klebt.

Wer Israel pauschal als Quelle globaler Korruption stilisiert, wer „Zionismus“ als Chiffre für Machtnetzwerke und moralische Verkommenheit gebraucht, betreibt Antisemitismus – egal, ob er sich dabei auf Menschenrechte oder Regierungsdokumente beruft.

King lässt all diese Linien verschwimmen. Seine angeblich antiimperialistische Kritik kippt in völkisches Ressentiment. Was als linke Systemkritik daherkommt, funktioniert längst nach dem Bauplan rechter Erzählungen: Der Staat Israel als alles zersetzendes Prinzip, Epstein als Werkzeug jüdischer Erpressungspolitik, und Tucker Carlson als mutiger Rufer in der Wüste.

Das nennt sich Querfront. Und sie beginnt immer dort, wo der moralische Kompass nur noch nach Tel Aviv zeigt – und nicht mehr nach oben. King hat sich verirrt, ohne es zu merken. Er glaubt, gegen das System zu kämpfen – und reicht dabei denen die Hand, die es stützen: den Rechten, den Nationalisten, den Verschwörungsnarrativen.

Und so zeigt sein Text, warum linker Antizionismus kein sicherer Boden ist, sondern ein Minenfeld: Wer dort mit Pathos auftritt, stolpert schnell in das nächste antisemitische Klischee. Vom Kampf für Gerechtigkeit zum Glauben an eine jüdisch gesteuerte Weltverschwörung ist es – wie gesagt – nur ein Zungenschlag.

Doch das wird man ja wohl noch sagen dürfen. Shaun King tut es bereits. Und Tucker Carlson nickt im Off.


Shaun King: „Wo Tucker Carlson sagt, dass Jeffrey Epstein, der zionistische Pädophile, von Israel finanziert und gelenkt wurde, um in Amerika Verbrechen zu begehen



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