Wenn das Gedenken von Özlem Alev Demirel an dem 7.10. zum Gleichmacher wird

TL;DR: Am 7. Oktober wurden über 1000 Menschen ermordet – wegen ihres Jüdischseins. Wenn Özlem Alev Demirel da von „allen Opfern“ spricht und Hamas, Antisemitismus und Massaker verschweigt, hat sich entschieden. Nicht für die Opfer. Antifaschismus geht anders.

Am 7. Oktober wurden über 1000 Menschen ermordet – wegen ihres Jüdischseins. Wenn Özlem Alev Demirel da von „allen Opfern“ spricht und Hamas, Antisemitismus und Massaker verschweigt, hat sich entschieden. Nicht für die Opfer. Antifaschismus geht anders.



Am 7. Oktober jährt sich nicht irgendein Tag im Kalender der Gewalt. Es ist der Tag, an dem – zum ersten Mal seit der Shoah – in einem Pogrom über 1000 Jüdische Menschen ermordet, vergewaltigt, verschleppt wurden – nicht trotz, sondern wegen ihres Jüdischseins. Dass Özlem Alev Demirel diesen Tag nutzt, um in einem salbungsvollen Tweet von „allen Opfern“ zu sprechen, wäre noch kein politisches Vergehen – wenn es nicht genau das wäre.

Heute gedenke ich allen Opfern desNahostkonflikts. Derer des 7. Oktober, derer davor und danach.

Wer so spricht, hat sich entschieden. Nicht etwa für die Opfer eines antisemitischen Vernichtungswillens, sondern für eine politische Hygieneformel, die aus Mord ein abstraktes Prinzip des Leids bastelt. Dass der 7. Oktober nicht irgendeine Kriegshandlung war, sondern ein gezieltes antisemitisches Massaker durch eine Faschistische Miliz, fällt in Demirels Tweet unter den Tisch wie eine zu heiße Kartoffel. Kein Wort von der Hamas, kein Wort vom Antisemitismus. Nur „alle“.

Kein Verbrechen rechtfertigt einanderes.

Das klingt edel, ist aber – bei Licht betrachtet – Whataboutism mit moralischer Lizenz. Wenn alles gleich schlimm ist, ist nichts mehr schlimm genug, um klar benannt zu werden. Wo Täter und Opfer im Nebel verschwinden, triumphiert nicht der Frieden, sondern der Relativismus. Und dieser Satz wird zur Notlüge mit humanistischem Zuckerguss.

Das Töten und das Leid müssen ein Endehaben – unabhängig davon, ob es Jüd:innen, Muslim:innen, Christ:innen oderAtheist:innen trifft.

Wer Antisemitismus mit einem religionssoziologischen Verzeichnis beantwortet, betreibt Verschleierung. Es waren nicht „alle Religionen“, die am 7. Oktober Ziel waren. Es waren Juden. Kein religionsübergreifender Universalismus, sondern ein judeozentrischer Hass, der hier zur Tat schritt. Wer „alle“ sagt, wenn „Juden“ gemeint sind, will nicht erinnern – sondern ausradieren, zumindest rhetorisch.

 Einnachhaltiger Frieden wird nur möglich sein, wenn es endlich auch Gerechtigkeitfür die Palästinenser:innen gibt.

Wessen Gerechtigkeit? Die, die sich am 7. Oktober durch Massaker artikulierte? Oder die, die in den Schulen Gazas als „Widerstand“ unterrichtet wird, mit Sprengstoffgürtel und Messer im Bildteil? Wer Gerechtigkeit ruft, ohne das Projekt judenfreier Gebiete beim Namen zu nennen, schreddert sie mit jedem Wort.

Wenn Özlem Alev Demirel am Jahrestag des mörderischsten antisemitisch motivierten Massakers seit der Shoah nicht von Täter spricht, nicht von Massaker, nicht von Antisemitismus, sondern von „allen Opfern“, dann hat sie längst Partei ergriffen – nur nicht für die, die sie am nötigsten hätten. Die Jüdische Manschen, die an diesem Tag geschändet, erschlagen, verbrannt, als Beutestücke verschleppt wurden, tauchen in ihrer Erinnerungspolitik nicht als Menschen auf, sondern als Variable in einer politisch-korrekten Friedensrechnung.

Antifaschismus sieht anders aus.

 


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