Ines Schwerdtner: Geiseln, Gnade und Geschichtsvergessenheit

 

TL;DR: Ines Schwerdtner nennt in einem Tweet verurteilte Mörder „Geiseln“ und stellt Israels Demokratie der Hamas-Terrorherrschaft gleich. Wer Täter verharmlost und Opfer relativiert, betreibt keine Außenpolitik – sondern Geschichtsumdeutung im moralischen Tarnanzug.


Ines Schwerdtner nennt in einem Tweet verurteilte Mörder „Geiseln“ und stellt Israels Demokratie der Hamas-Terrorherrschaft gleich.


Zum Tweet der Parteivorsitzenden der Linken vom 9. Oktober 2023:

„Es ist eine gute Nachricht, dass sich Israel und die Hamas darauf verständigt haben, die Geiseln freizulassen und sich das israelische Militär zurückzieht. Entscheidend ist, dass es nun dauerhaften Frieden, Wiederaufbau und internationalen Druck für das Völkerrecht gibt.“
– Ines Schwerdtner, öffentlich, unwidersprochen – und allem Anschein nach bei klarem ideologischem Bewusstsein.

280 Zeichen genügen, um zu zeigen, wie viel historische Ahnungslosigkeit, moralische Verirrung und semantische Entgleisung in einem einzigen Tweet Platz finden – wenn man Parteivorsitzende der Linken ist.

Wenn Ines Schwerdtner von einer „Verständigung“ zwischen Israel und der Hamas schreibt, dann klingt das nach Kamillentee mit Madeleine Albright – und nicht nach der Realität, in der ein demokratischer Staat gezwungen wird, verurteilte Mörder freizulassen, um vielleicht, vielleicht, ein paar seiner verschleppten Kinder lebend zurückzubekommen.

Verständigung? Nein. Das ist keine diplomatische Einigung, das ist Erpressung mit Leichenzählung.

Die Sprachlogik der Täter-Opfer-Umkehr

Um es deutlich zu sagen: nicht alle, die im Rahmen des Waffenstillstands freigelassen werden, sind Terroristen, Mörder und Gewaltverbrecher. Israel wird, , nachdem die Hamas alle verbleibenden 48 Geiseln freigelassen habe, darunter 20 lebende, 26 bestätigte Tote und zwei, um deren Leben große Sorge besteht, 1.973 Palästinenser, darunter  250 palästinensische Sicherheitsgefangene,  darunter Mitglieder der Terrorgruppen Hamas, Palästinensischer Islamischer Dschihad, Fatah und Volksfront, die für Dutzende tödlicher Terroranschläge verantwortlich sind. Zusätzlich zu den 250 Gefangenen wird Israel laut Regierungsbeschluss 1.722 Gaza-Bewohner freilassen, darunter 22 Minderjährige. Diese wurden während des Gaza-Krieges festgenommen und waren nicht an dem von der Hamas angeführten Angriff beteiligt, der den Krieg am 7. Oktober 2023 auslöste. Von den 1.722 Gaza-Bewohnern befinden sich 1.411 in der Obhut des israelischen Strafvollzugsdienstes und 311 in der Obhut der israelischen Streitkräfte, heißt es. Auch bei den 1.722 Gaza-Bewohnern handelt es nach allen gültigen Völkerrechtlichen Definitionen nicht um „Geiseln“.

Das Internationale Übereinkommen gegen Geiselnahme definiert Geiselnahme und Geisel  wie folgt "Wer eine andere Person (im Folgenden als «Geisel» bezeichnet) inseine Gewalt bringt oder in seiner Gewalt hält und mit dem Tod, mitKörperverletzung oder mit der Fortdauer der Freiheitsentziehung für diesePerson droht, um einen Dritten, nämlich einen Staat, eine internationalezwischenstaatliche Organisation, eine natürliche oder juristische Person odereine Gruppe von Personen zu einem Tun oder Unterlassen als ausdrückliche oderstillschweigende Voraussetzung für die Freigabe der Geisel zu nötigen, begeht dieStraftat der Geiselnahme im Sinne dieses Übereinkommens." werden, nachdem die Hamas alle verbleibenden 48 Geiseln freigelassen habe, darunter 20 lebende, 26 bestätigte Tote und zwei, um deren Leben große Sorge besteht, 1.973 Palästinenser, darunter  250 palästinensische Sicherheitsgefangene,  darunter Mitglieder der Terrorgruppen Hamas, Palästinensischer Islamischer Dschihad, Fatah und Volksfront, die für Dutzende tödlicher Terroranschläge verantwortlich sind. Zusätzlich zu den 250 Gefangenen wird Israel laut Regierungsbeschluss 1.722 Gaza-Bewohner freilassen, darunter 22 Minderjährige. Diese wurden während des Gaza-Krieges festgenommen und waren nicht an dem von der Hamas angeführten Angriff beteiligt, der den Krieg am 7. Oktober 2023 auslöste. Von den 1.722 Gaza-Bewohnern befinden sich 1.411 in der Obhut des israelischen Strafvollzugsdienstes und 311 in der Obhut der israelischen Streitkräfte, heißtes. 

Schwerdtner fabuliert von der Freilassung der „Geiseln“ durch beide Seiten – als handele es sich um gleichwertige Akteure mit moralischem Gleichstand. So landet in einem Satz das entführte israelische Kind neben dem wegen 13-fachen Mordes verurteilten Attentäter. Die Gleichsetzung sitzt – wie der ideologische Filter, durch den die Wirklichkeit gepresst wird.

Was ein Terrorist war, wird zur „Geisel“, was ein Kind war, zur „Verhandlungsmasse“. Wer so denkt, redet nicht – er betreibt Politik als Mitleidsmanagement. Postfaktisch, antiaufklärerisch, konsequent.

Was Schwerdtner nicht sagt, ist aufschlussreicher als das, was sie sagt: Sie verschweigt, dass die „freizulassenden Gefangenen“ nicht politische Häftlinge, sondern verurteilte Mörder, Bombenleger und Messerstecher sind. Männer, deren Opfer jüdisch waren – und genau das scheint im Raster linker Moral inzwischen als Indiz für „koloniale Komplizenschaft“ zu gelten.

Die Logik ist bekannt: Israel verteidigt sich – also ist es Aggressor. Die Hamas massakriert – also ist sie Verhandlungspartner. Wer widerspricht, bekommt die Völkerrechtsfloskel um die Ohren, so leer wie das politische Rückgrat derer, die sie bemühen.

Man stelle sich vor: Iyad Abu al-Rub – verantwortlich für zahlreiche Tote bei Anschlägen in Hadera – wird in der Welt von Ines Schwerdtner zur „Geisel Israels“. Auch Muhammad Zakarneh, Drahtzieher des Mordes an Grigory Raginovich (2009), und Muhammad Abu al-Rub, der 2017 Reuven Shmerling erstach, stehen auf der Liste. Ebenso Mahmoud Qawasmeh, einst im Shalit-Deal freigelassen, später erneut verhaftet. Oder Raed Sheikh, beteiligt am Lynchmord zweier israelischer Soldaten in Ramallah.

Oder Imad Kawasameh, der 2004 zwei Selbstmordattentäter nach Be’er Sheva schickte. 16 Menschen starben. Darunter ein dreijähriges Kind.

Für Ines Schwerdtner: alles Geiseln. Von Israel festgehalten.

Terroristen als „Geiseln“ – Sprachmagie mit Todesfolge

Zur Erinnerung – aus juristischem Anstand:
§ 239b StGB definiert eine Geisel als eine Person, die „gewaltsam und widerrechtlich ergriffen und festgehalten wird, um Forderungen gegen Dritte durchzusetzen.“

Verurteilte Terroristen, in rechtsstaatlichen Verfahren, zu lebenslanger Haft verurteilt – das sind in Schwerdtners Welt Geiseln. Es ist die finale Pervertierung von Schuld und Sühne. Mord wird zur Eintrittskarte ins moralische Glashaus.

Es zahlt den Preis. Ja, die israelische Gesellschaft ist bereit, Mörder freizulassen, um Leben zu retten. Nicht, weil sie Täter verklärt – sondern weil für sie das Leben über allem steht. Der Preis, den Israel für das Überleben seiner Geiseln zahlt, ist hoch. Doch es ist ein Preis, den ein demokratisches Gemeinwesen in der Hoffnung auf Leben zahlt. Nicht in der Verklärung des Todes.

Diesen Unterschied kann man sehen – wenn man nicht gerade Linken-Vorsitzende ist und lieber von „Verständigung“ schwadroniert, während Hamas-Terroristen die eigenen Märtyrer feiern.

Schwerdtners Äußerung ist kein Ausrutscher. Sie ist Fortsetzung mit anderem Mittel. Schon im Aufruf „Zusammen für Gaza“, den sie mitunterzeichnete, heißt es:

„Setzen Sie [sich]… für die Freilassung aller Opfer … ein, die sich… illegal, … in israelischen Gefängnissen und in … Geiselhaft in Gaza befinden.“

Opfer. Alle. In einem Atemzug.
Die Differenz zwischen einem entführten Kind und einem Mann, der Kinder entführt – sie löst sich auf im moralischen Brei linker Gleichsetzungsrhetorik. Es ist nicht nur falsch. Es ist gemeingefährlich.

Am 7. Oktober 2023 überfielen Hamas und andere palästinensische Gruppen Israel. 1.195 Menschen wurden getötet. 251 als Geiseln verschleppt. Es war der blutigste Tag in der Geschichte Israels – und der tödlichste für Juden seit dem Holocaust.

Und was bleibt?Eine Parteivorsitzende, die lieber semantische Wattebäusche auf Hamas-Funktionäre wirft, statt einen Satz der Klarheit zu sprechen. Schweigen wäre schon schlimm genug. Doch Schwerdtner relativiert aktiv. Nicht aus Unwissen – sondern aus Überzeugung.

Kritik an Hamas? Tabu.Wenn’s gegen Israel geht, wird die Menschenrechtskeule geschwungen, für die Hamas gibt’s Verständnisbalsam in veganer Ausführung.
Was früher antisemitische Chiffren waren, ist heute: linke Außenpolitik in 280 Zeichen.

Anhang: Wen Ines Schwerdtner „Geiseln“ nennt

Mit der Hamas verbunden:

·        Baher Badr: Busanschlag; 8 Tote

·        Maher Abu Srour: ermordete Shin-Bet-Offizier

·        Yusuf Zahur: ermordete Soldat Dvir Sorek

·        Mahmoud Kawasmeh: Shalit-Deal-Rückkehrer

·        Nader Abu-Turki: Selbstmordattentäter-Rekrutierer

·        Mansour Riyan: mehrfacher Mörder

Mit der Fatah verbunden:

·        Anas Alan: Selbstmordanschlag, 3 Tote

·        Ayman Kurd: Messerangriff Jerusalem

·        Haitham Hamdan: Highway-Schießerei, 3 Tote

·        Hussein Rawadra: ermordete Soldat im Bus

·        Halil Abu Aram: ermordetes Paar

·        Mahmoud Khatib: Erstach Soldaten

·        Mohammed Abu Shahin: Mord an Danny Gonen

·        Riyad al-Amur: 9 Tote, 11x lebenslänglich

Mit dem Islamischen Dschihad verbunden:

·        Iyad al-Rub: 6 Tote, Hadera-Anschlag

·        Mohammed Aradeh: Gilboa-Ausbruch

·        Iham Kamamji: Mord an Eliyahu Asheri

·        Tarek Hasayin: ermordete Kind Noam Leibowitz

Mit der PFLP verbunden:

·        Ibrahim Alakam: Mord an jüdischem Ehepaar

·        Basem Khandakji: Carmel-Markt-Anschlag, 3 Tote

Diese Männer nennt die Parteivorsitzende der Linken „Geiseln“. Wer so denkt, hat sich nicht im Ton vergriffen. Er hat sich für die falsche Seite entschieden.

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