Widerstand ohne Inhalt – ein taz-Gespräch mit einem Phantom

 TL;DR: Ein Hamas-Sprecher redet, doch sagt nichts – nur alte Parolen, Schuldumkehr, kein Wort zu Massakern. Sophia Maier bleibt sachlich, stellt präzise Fragen und zeigt: Hier gibt es keinen Diskurs, nur Ideologie. Ein Interview, das entlarvt – nicht erklärt.


Taz-Interview mit Hamas-Funktionär Walid Kilani offenbart ideologische Erstarrung – Maier bleibt standhaft inmitten politischer Trümmer


Ein Gespräch mit einem Sprecher der Hamas, geführt im Juli 2025 per Telefon, mitten in seinem libanesischen Exil, ist kein Spaziergang über einen universellen Marktplatz der Meinungen – es ist der Sturz in einen monologischen Schacht. Was die taz-Redakteurin Sophia Maier dort vorlegt, ist dennoch ein journalistisches Kunststück – sie befragt einen Mann, der antwortet, ohne zu antworten, und behauptet, ohne zu begründen.

Walid Kilani,der Gesprächspartner:, Sprecher der Hamas im Libanon.
Der Anlass: die internationale Isolation der Hamas nach dem 7. Oktober 2023 – und insbesondere die klare Distanzierung der arabischen Liga.
Der Ort: Irgendwo zwischen Beirut und Symbolpolitik.
Das Format: Ein Interview, das nicht erklärt, sondern entlarvt.

Verbalmilizen im Exil

Was Kilani liefert, ist keine Analyse, keine Selbstauskunft, keine Perspektive – sondern Propaganda in der altbewährten Tradition jener, die sich für „Widerstand“ halten, weil sie keine Argumente mehr haben. „Solange es Besatzung gibt, wird es Widerstand geben“, sagt er – als sei das nicht eine wohlklingende Umschreibung für eine Organisation, die mit dem Tod beginnt und nicht mit dem Dialog.

Jeder Satz eine Schuldverschiebung, jede Antwort eine Behauptung.Israel sei alleiniger Aggressor. Medienberichte über Proteste gegen die Hamas? Israelische Lügen. Geiseln? Teil eines „Gesamtpakets“, als handle es sich um Zollfragen.
Wenn Kilani sagt, Israelis sollten nach Russland gehen, klingt das nicht nach Lösung, sondern nach Vertreibung mit anderem Vorzeichen.
Was hier präsentiert wird, ist keine palästinensische Vision, sondern ein Endkampf.

Ja, rhetorisch ist Kilani trainiert. Die Berufung auf UN-Resolutionen, die wiederholte Rückkehr zur Nakba 1948, die Umdeutung von Flucht zu Strategie – all das sitzt. Doch was nützt die politische Grammatik, wenn der Inhalt moralisch entkernt ist?
Kein Wort zu den Massakern vom 7. Oktober. Keine Verantwortung. Keine Selbstreflexion. Stattdessen: ein gewaltgetränkter Revisionismus, der sich als Geschichte tarnt.

Wer den Eindruck gewinnen wollte, die Hamas sei mehr als eine bewaffnete Organisation mit ideologischem Ewigkeitsanspruch – dieses Interview hätte ihn gründlich vom Gegenteil überzeugt.

Die Journalistin als Kontrastmittel

Was dieses Gespräch jedoch rettet – und was es zu einem Lehrstück des politischen Journalismus macht –, ist Sophia Maiers Gesprächsführung.
Sie bleibt ruhig, sachlich, aber unerbittlich. Sie lässt Ausflüchte nicht durchgehen, konfrontiert mit Fakten, widerspricht, wenn es nötig ist – nicht mit Pathos, sondern mit Präzision.

„Das beantwortet nicht die Frage“, sagt sie, und selten war dieser Satz so notwendig.

Maier gelingt, was viele im Umgang mit Extremisten vermeiden: Sie macht den Diskurs nicht zum Forum, sondern zum Prüfstand.Ohne sich als moralische Richterin aufzuspielen, stellt sie die richtigen Fragen – zu Verantwortung, Antisemitismus, innerpalästinensischer Gewalt. Dass sie keine Antwort bekommt, ist nicht ihr Versagen, sondern der Beweis, dass es hier keine Antworten gibt, nur Mantras.

Was in diesem Interview fehlt, spricht lauter als alles Gesagte. Kein Satz zu den ermordeten israelischen Zivilisten. Keine Selbstkritik zur Repression innerhalb Gazas. Keine Idee von Koexistenz. Nur das düstere Mantra einer „Befreiung“, die im Nebel der Gewalt ihren moralischen Kompass längst verloren hat.

Ein Sprecher der Hamas, der keine Verantwortung übernimmt, ist keine Überraschung.
Ein Medium, das diese Leerstelle dokumentiert, ohne ihr auf den Leim zu gehen – das ist ein Verdienst.

In einer Zeit, in der jede Seite sich in Endzeit-Narrative flüchtet, braucht es Stimmen wie die von Sophia Maier. Nicht, weil sie Lösungen bietet – sondern weil sie Klarheit schafft, wo Vernebelung herrscht. Dieses Interview ist keine Sternstunde des Dialogs, aber ein Meisterstück des Widerspruchs.

Die Hamas mag von Widerstand sprechen – aber was Kilani liefert, ist nicht Widerstand, sondern Wiederholung.
Wer so spricht, führt keinen Diskurs. Er betreibt Wortbesatzung.

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