Kritik zum nd-Interview „Sie hat sich hier einen Strohmann aufgestellt“ mit Jakob Reimann

TL;DR: Im Interview mit Jakob Reimann lässt sich nd-Journalist Monroy auf reine Mikrofonhalterei ein. Kritiklos darf Reimann Israel dämonisieren und Preisler diffamieren – ohne auch nur andeutungsweise Kritik an der Hamas zu üben. Das hat mit Journalismus nichts zu tun.



Der nd-Journalist Matthias Monroy, der sich in „Sie hat sich hier einen Strohmann aufgestellt“als Verteidiger der freien Rede geriert, hat in seinem Interview mit Jakob Reimann einen jener Momente produziert, in denen man sich wünscht, die Pressefreiheit wäre durch Geschmackspflicht reguliert.

 

Es beginnt mit einer Frage, die klingt wie die Ouvertüre eines Opferoratoriums: „Was ist da passiert?“ Was folgt, ist eine fast 1000-Worte lange Selbstentlastung durch Jakob Reimann, der – in bester anti-imperialistischer Tradition – nicht nur die israelische Armee, sondern gleich noch den deutschen Journalismus, die Justiz, die Polizei und natürlich Springer mit in den Kriegsverbrecherdock zerrt. Dass Monroy diesen wüsten Generalverdacht ohne die Spur einer auch nur ansatzweise kritischen Rückfrage schweigend zur Kenntnis nimmt,  ist kein Ausrutscher, sondern redaktionelles Kalkül.

 

Reimanns zentrale These ist so klar wie vulgär: Karoline Preisler, die mit einem Pappschild gegen Vergewaltigungen durch Hamas-Terroristen protestiert, sei eine „rechte Influencerin“, die sich „einen Strohmann aufgestellt“ habe – „Denn: Wer behauptet bitte, Vergewaltigung sei Widerstand?“ fragt er rhetorisch, um nicht etwa Preisler zu widerlegen, sondern sie aus dem Diskurs zu entfernen. Dass sie wörtlich sagt: „… selbst da ist Israel noch der menschlichere Akteur“, nutzt Reimann zur moralischen Totalmobilmachung. Als Kronzeugen ruft er die UN, B’Tselem und sich selbst auf – letzterer in Form eines Textes, den er als „den schrecklichsten“ beschreibt, den er je verfasst habe, voll von „menschlichen Abgründen“, „Verrohung“ und Szenen, die „alles, was wir aus Guantanamo und Abu Ghraib kennen“, übersteigen sollen. Das Grauen hat einen Namen, und es ist nicht Hamas.

 

Doch während Reimann auf jeder rhetorischen Mine tanzt, die das Sektiererisch linke Selbstbild mit Eifer bekränzt, bleibt Monroy wortlos, stellt keine einzige kritische Rückfrage, agiert mehr als Plattformgeber denn als journalistischer Prüfer. Nicht zur Gleichsetzung israelischer Strafverfolgung mit Folterlagern, nicht zum Völkermord-Vokabular, nicht zur absichtsvoll unterstellten Medienverschwörung, bei der Polizei und Presse gemeinsam daran arbeiten, „Solidarische“ zu kriminalisieren, die „gegen das Abschlachten in Gaza“ demonstrieren – während Raketen aus Gaza angeblich nie Thema sind, außer als Folie für „menschlichere Akteure“.

 

Monroy tut, was sich viele Redakteure der zweiten Reihe seit Jahren angewöhnt haben: Er reicht das Mikrofon an jemanden weiter, der laut genug brüllt, und nennt das Journalismus. Er stellt keine Fragen, er bereitet ein Feld – ein publizistisches, kein intellektuelles. Dass Reimann den Medienanwalt Ralf Höcker zum Brandstifter stilisiert, weil dieser mal für Erdoğan und die AfD gearbeitet hat, wäre allein durch Recherche leicht zu entkräften. Dass dieser Anwalt in einem Verfahren eine Aussage als rufschädigend wertet, ist kein SLAPP, sondern juristischer Alltag. Doch Reimann fabuliert: Es gehe um die „gezielte Einschüchterung“ all jener, die sich „klar gegen israelische Verbrechen“ positionierten, als stünde auf dem Schild der Klägerin nicht „Rape is not resistance“, sondern „Israel über alles“.

 

Reimann unterstellt den Medien, sie würden „israelische Pressestatements copypasten“, während er selbst nichts anderes tut als anti-israelische NGO-Berichte durch die Mühle des agitatorischen Furors zu jagen. Alles, was nicht in sein Narrativ passt, wird entsorgt – durch Auslassung, Zynismus oder, wenn nötig, durch den Hinweis, dass „wir hier nicht weiter ausführen“ wollen. Was bedeutet: Es wäre zu unbequem, die Realität zu konfrontieren.

 

Dass Monroy dem Ganzen auch noch die Überschrift „Sie hat sich hier einen Strohmann aufgestellt“ verpasst, wirkt wie ein unfreiwilliges Eingeständnis: Der einzige Strohmann, der hier aufgestellt wird, ist das Bild einer deutschen Israel-Unterstützerin, die angeblich das Schweigen über israelische Vergewaltigungen durchbricht, indem sie deren Existenz leugnet – was sie nie tat.

 

Was hier betrieben wird, ist keine Aufklärung. Es ist ein Tribunal, bei dem der Angeklagte – Israel, Preisler, Höcker, Springer – nicht anwesend sein darf. Der Richter heißt Reimann, der Protokollführer Monroy. Und das Urteil lautet: Schuldig durch Haltung.

 

Ein letztes Wort zu Jakob Reimann, dem „Solidarischen“ im Kampf gegen das Imperium: Wer ernsthaft behauptet, der Nahostkonflikt sei „menschenverachtend einseitig“ dargestellt, und gleichzeitig die Hamas nicht einmal beim Namen nennt, der hat kein journalistisches Interesse. Der hat eine Agenda. Und wie es in solchen Fällen stets ist: Die Anklage ist politisch, das Ergebnis moralisch – und die Wahrheit Nebensache.

 


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