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Die Moral als Marschbefehl

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 TL;DR:  Bax ruft in der taz zur Intervention gegen Israel, doch sein Kommentar blendet den 7. Oktober aus. Wer moralisch urteilt, darf den Kontext nicht streichen. Kritik braucht Maß, nicht Pathos – und Verantwortung beginnt mit vollständiger Erinnerung. Zu Daniel Bax' Ruf in der taz nach „humanitärer Intervention“ Daniel Bax will nicht nur beschreiben, sondern eingreifen. Sein Text zur Lage in Gaza ist kein analytischer Essay, sondern ein Aufruf im Gewand eines Kommentars– getragen von moralischer Dringlichkeit, gerichtet an eine Weltgemeinschaft, die aus seiner Sicht zu lange weggesehen hat. Israel begehe Kriegsverbrechen. Die internationale Gemeinschaft müsse handeln. Und wenn die UNO schweigt, müsse „der Westen“ sprechen – mit Sanktionen, Embargos, notfalls mit Intervention. Doch was Bax als „humanitäre Pflicht“ vorträgt, verliert durch das, was fehlt, an intellektueller Erdung. Der 7. Oktober, der Ausgangspunkt des aktuellen Krieges, erscheint in seinem Text nicht...

Kommunalwahl in NRW – Zwei Narrative, zwei Realitäten

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 TL;DR:  Wenn Faschismus heute mit der Straßenbahn kommt, sitzt er im Ruhrgebiet am Steuer. Jungle World warnt, Apollo News wirbt – zwei Narrative, zwei Realitäten. Entscheiden muss man sich trotzdem. Denn: Es wird ernst. Von einem, der angesichts der Faschisten nicht neutral bleibt Zwei Texte, zwei Weltdeutungen, ein Land im politischen Schwitzkasten. Da ist auf der einen Seite die Jungle World , die – dem antifaschistischen Imperativ folgend – den Aufstieg der AfD nicht als Naturkatastrophe, sondern als Ergebnis menschlichen (sprich: politischen) Versagens beschreibt. Und da ist auf der anderen Seite Apollo News , das rechte Blasorchester aus der Echokammer, das die blaue Welle nicht als Tsunami der Entdemokratisierung, sondern als reinigende Flut gegen das „Altparteien“-Ungeziefer feiert. Man lese, staune und wähle: „Der Malocher wählt AfD, weil die SPD nur noch für Genderqueere und Bürgergeldempfänger Politik macht“, heißt es sinngemäß im Apollo-Magazin. Als wäre ni...

Warum Fritze die Antidemokraten Partei nicht verbieten will

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 TL;DR:   Friedrich Merz hält ein AfD-Verbot für „Konkurrentenbeseitigung“. Als wäre Höcke ein politischer Mitbewerber und kein Verfassungsfeind. Demokratie verteidigen heißt nicht nur „Nicht  mit Nazis reden“, sondern  Faschisten stoppen – bevor sie ihre Gegner*innen wieder in Lager stecken Demokratische Parteien machen ein Angebot. Die AfD macht eine Drohung. Wer bei ihr von Politik spricht, hat das Grundgesetz mit dem Wahlzettel verwechselt. Die AfD bietet nichts an – sie erklärt der Demokratie den Krieg. Trotzdem hört man sie immer wieder, die fromme Formel aus dem Bauchladen politischer Sozialpädagogik: „Man muss doch die Wähler der AfD verstehen.“ Warum eigentlich? Weil jemand freiwillig mit Anlauf in den rechten Sumpf springt, sollen wir ihm das Handtuch reichen? „Man müsse sie abholen“, heißt es dann. Wohin denn? Vom rechten Rand zurück in die demokratische Mitte – mit einem Heine-Zitat und fair gehandeltem Verständnis? Nein. Wer eine Partei wählt, die...

Für die bayerische Linke sind an allem nicht mehr die Juden schuld – dafür aber die Zioniste

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 TL;DR:   Für Mitglieder der bayerischen Partei Die Linke sind an allem nicht mehr die Juden schuld – dafür die Zionisten. Die Anträge A6 & A7 verwechseln Kritik mit Exorzismus, Opfer mit Tätern – und liefern Antisemiten das Argument: "Ihr Hass ist kein Hass, er ist Widerstand." Zionismuskritik als ideologischer Offenbarungseid Eine Kritik der Anträge A6 („Zionismus als Ethnonationalismus“) und A7 („Zionismus als Antisemitismus“) an den Landesparteitag der LINKEN Bayern – im Geiste kritischer Linker. Antrag A6 – „Zionismus als Ethnonationalismus“ – und Antrag A7 – „Zionismus als Antisemitismus“ – markieren nicht den Aufbruch, sondern den Absturz. Nicht Diskussion, sondern Verhärtung. Nicht Erkenntnis, sondern Ersatzhandlung. Dass solche Papiere im Namen einer Partei eingereicht werden, die sich selbst links nennt, sagt weniger über Israel als über den Zustand der Antragsteller*innen. Zionismuskritik ist kein Tabu. Aber sie verlangt: Begriffsarbeit, Geschichtsbewusstsein...

Es ist an der Zeit, dass Antisemiten wieder Angst haben – statt anderen Angst zu machen.

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 TL;DR:  Es ist an der Zeit, dass Antisemiten wieder Angst haben – statt anderen Angst zu machen. Jüdisches Leben ist 2024 real bedroht. „Nie wieder“ darf keine Phrase sein. Es braucht Haltung, Selbstbewusstsein und Konsequenzen – jetzt. Nie wieder darf keine Phrase mehr sein. Es muss Konsequenzen haben. Denn heute, im Jahr 2025, ist jüdisches Leben in Europa erneut bedroht – nicht abstrakt, sondern konkret, sichtbar, fühlbar. Jüdische Menschen müssen sich überlegen, ob sie in der U-Bahn eine Kippa tragen, ob sie ihre Kinder auf jüdische Schulen schicken oder ob sie ihre Synagogen verlassen, ohne Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Währenddessen spazieren Antisemiten, Islamisten, Neonazis und linke Apologeten der Gewalt selbstbewusst durch die Straßen – oft unter dem Deckmantel von Antikolonialismus und Gerechtigkeit. Das neue Narrativ, das Jüdische Menschen nicht mehr als historisch Verfolgte, sondern als moderne Unterdrücker stilisiert, ist kein Bruch mit der antisemiti...

Violetta Bock 95 Wörter für das System Change Camp, keins für dessen Antisemitismus

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 TL;DR:  Violetta Bock, MdB der Linken, schreibt 95 Wörter über das System Change Camp, Workshops und „solidarische Perspektiven“. Kein Wort über Antisemitismus, Angriffe, Hass. Schweigen, wo Haltung nötig wäre – ein Schweigen, das lauter tönt als jedes Wort im Text. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Violetta Bock war auf dem System Change Camp in Frankfurt. Dort, schreibt sie, hätten „über 1000 Menschen […] ihr Wissen“ geteilt, von der Geschichte „unserer Kämpfe“ gelernt und Pläne für die Zukunft gemacht. Sie selbst habe einen Workshop gegeben, und es sei „schön zu sehen, dass immer mehr Menschen […] solidarische Perspektiven […] entwickeln und Gegenmacht aufbauen“. So weit, so harmlos. Oder besser: so verlogen. Denn kein einziges Wort verliert Bock über das, was das Camp tatsächlich überschattete: dass jüdische Aktivisten mit Farbe attackiert, als „Kindermörder“ beschimpft und Plakate von Hamas-Geiseln unter Johlen vom Zaun gerissen wurden. Während Bock über die Schönhei...

Wenn Solidarität gelernt werden soll, ist die Frage erlaubt, wer lehrt, wer prüft – und was durchfällt.

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 TL;DR:  Solidarität, die dort endet, wo Jüdische Menschen beginnen, hat ihren Namen verloren. Kranenbergs Text berichtet vom Angriff, doch statt Klarheit folgt Ausweichen. Viel Camp-Rhetorik, wenig Haltung. Der Ernstfall wurde benannt – und übergangen. Zu:  „Solidarität lernen in Zeiten der Klimakrise“ von Charlotte Kranenberg, taz, 25.05.2025 Der Artikel von Charlotte Kranenberg möchte über ein Camp berichten, das sich als Schule der Solidarität begreift – und gerät dabei selbst in eine Probe aufs Exempel. Er dokumentiert, was geschehen ist: Der Angriff auf jüdische Gegendemonstrant*innen, rote Farbe, Geiselbilder im Müll, antisemitische Parolen – die Polizei bestätigt. Und doch bleibt, was folgt, auffallend sprachlos. Was wie eine offene Darstellung beginnt, kippt nach wenigen Absätzen in eine Art rhetorisches Ausweichmanöver. Der Bericht nimmt den Vorfall auf – um ihn gleich wieder im Dickicht des Positiven verschwinden zu lassen. Kaum ist der Farbbeutel erwähnt, ...