Der Oberste Gerichtshof und das Recht auf homophobe Ignoranzpflege
Man stelle
sich vor: Ein Kind sitzt in der Klasse, hört eine Geschichte von einem Onkel,
der einen Mann heiratet, und denkt sich: „Ach, so geht Liebe auch.“ Ein
Skandal, findet der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, der nun
entschieden hat, dass Eltern ihre Kinder vor solchen Abgründen der Realität
schützen dürfen. Schließlich soll niemand in diesem Land gezwungen werden, sein
Weltbild um Fakten zu erweitern.
Die Mehrheit
der Richter*innen hat befunden, dass es eine „unzumutbare Belastung“ sei, wenn
Kinder erfahren, dass LGBTQ+-Menschen existieren und sogar auf Paraden Hunde
verlieren können. Richter Alito schreibt seitenlange Urteile darüber, warum
Eltern das Recht haben müssen, ihren Nachwuchs religiös korrekt zu verformen.
Dasselbe Gericht hat übrigens letzte Woche beschlossen, dass Eltern keine
Rechte haben, wenn sie ihrem trans Kind geschlechtsangleichende Hormontherapie
ermöglichen wollen. Freiheit ist eben das, was Bigotte gerade brauchen. Alle
anderen dürfen gern untergehen.
Es geht hier
nicht um Bücher. Es geht nicht um Religion. Es geht um die heilige Pflicht,
Kindern beizubringen, dass es nur eine Wahrheit gibt – die eigene. Und wer das
anders sieht, stört die Ruhe im frommen Haus. Bald kommen sie also, die Listen
unerwünschter Bücher, genau wie früher, als Indizes noch lateinische Namen
hatten und Inquisitoren keine Richterkleidung brauchten.
Was bleibt?
Kinder dürfen nicht wissen, dass Menschen verschieden lieben. Dafür lernen sie
früh, wie Hass sich tarnt: als Religionsfreiheit, als elterliche Fürsorge, als
Urteil des höchsten Gerichts. Willkommen in Amerika, wo der Regenbogen nur noch
als Gottesstrafe nach der Sintflut vorkommen darf.