Ulrike Eifler (Parteivorstand Die Linken) und die Sache mit der Pressefreiheit
TL;DR: Ulrike Eifler nennt Klagen gegen Fake-Videos „Angriff auf die Pressefreiheit“. Klar, nach ihrer Logik sind auch die 35 Presseratsrügen gegen BILD 2024 ein Angriff aufs Grundgesetz. Begriffe entwerten kann sie. Inhalte weniger.
Man staunt ja immer wieder, wie leicht große Begriffe in kleine Köpfe
passen. Ulrike Eifler, ihres Zeichens Mitglied im Parteivorstand der Linken,
hat das Wort „Pressefreiheit“ entdeckt. Leider nicht, um es gegen tatsächliche
Angriffe auf unabhängige Berichterstattung in Russland, China, Iran oder Ungarn
zu verteidigen, sondern um es als hohle Worthülse in der deutschen
Twitterlinken rotieren zu lassen.
Der Fall: Jakob Reimann, Blogger mit
ausgeprägtem antizionistischem Sendungsbewusstsein, soll ein manipulativ
geschnittenes Video über Karoline Preisler verwendet haben, um ihr etwas in den
Mund zu legen, was sie so nicht gesagt hat. Klassischer Fall von: Video von
Dritten zerstückelt, der so verdrehte Sinn als Quelle genutzt, um Stimmung zu
machen. Karoline Preisler hat ihn verklagt. Das Landgericht Berlin hat die
Klage zugelassen, am 18. Juli wird verhandelt.
Doch was macht Ulrike Eifler daraus? Einen
Angriff auf die Pressefreiheit. Weil alles, was ihrer Bubble gefällt, plötzlich
Journalismus ist, und alles, was der Bubble schadet, Faschismus. Wobei das
Problem nicht ihre unerschütterliche Solidarität mit Reimann ist – Solidarität
ist etwas Schönes. Das Problem ist ihre Definition von Pressefreiheit: ein
Totschlagargument, um jede Form von Kritik, Gegendarstellung oder rechtlicher
Klärung als autoritären Angriff zu framen.
Wenn man Ulrike Eiflers Logik folgt sind
#HaltDieFresseSpringerpresse und die 35 Rügen 2024 vom Deutschen Presserat
gegen BILD ein Angriff auf die Pressefreiheit. Mit dieser Logik könnte man auch
den Presserat abschaffen und jede Unterlassungsklage als Angriff auf das
Grundgesetz werten. Nur – wer so argumentiert, zerstört genau das, was er zu
verteidigen vorgibt. Denn echte Angriffe auf die Pressefreiheit gibt es, sie
sind brutal, sie sind tödlich, sie sind real. Doch wer jede Abmahnung oder
Klage gegen Falschbehauptungen in dieselbe Kategorie steckt, der relativiert
nicht nur, er macht den Begriff wertlos.
Vielleicht sollte sich Ulrike Eifler fragen,
wem sie damit dient. Pressefreiheit ist kein Freibrief für Rufmord, Verleumdung
und propagandistische Clip-Schneiderei. Und sie ist gewiss kein Spielzeug für
Parteivorstände, die dringend ein Thema für den nächsten Solidaritäts-Tweet
brauchen.
Aber gut. Wer schon meint, Jakob Reimann sei
Carl von Ossietzky, der hält wahrscheinlich auch ein Parteibüro für eine
Redaktion.