Für eine klare Linie der Partei Die Linke

TL;DR: Für eine klare Linie der Partei die Linke: Die Stellungnahme der ‚LAG Gegen jeden Antisemitismus‘ Niedersachsen ist überfällig. Sie benennt antisemitische Parolen und islamistische Symbolik auf Palästina-Demos – und fordert klare Abgrenzung statt Bündnisse mit den Feinden der Freiheit. Solidarität mit Gaza und den Palästinenser*innen ohne Terrorverklärung

Warum die Stellungnahme der ‚LAG Gegen jeden Antisemitismus‘ Niedersachsen zu pro-palästinensischen Protesten überfällig ist!

Inmitten eskalierender globaler Konflikte, wachsender gesellschaftlicher Spannungen und einer sich verschärfenden Polarisierung linker Bewegungen, fällt eine politische Intervention auf, die es verdient, nicht als Störung, sondern als Korrektur gelesen zu werden. Die Stellungnahme gegen antisemitische Tendenzen in Teilen der pro-palästinensischen Proteste liefert einen dringend benötigten Kompass – nicht nur für den innerparteilichen Diskurs, sondern für die gesamte deutsche Linke.

Während viele öffentliche und parteiinterne Erklärungen sich auf die humanitäre Katastrophe in Gaza fokussieren – mit gutem Grund – wird ein zentraler Aspekt allzu oft übergangen: die politische und symbolische Instrumentalisierung dieses Leids durch reaktionäre Kräfte. Die angesprochene Stellungnahme schafft es, diese Leerstelle nicht nur zu benennen, sondern zu füllen – mit analytischer Schärfe, moralischer Konsequenz und strategischer Weitsicht.

Im Gegensatz zu weich gezeichneten Erklärungen, die mit moralischer Empörung operieren, aber auf präzise Abgrenzungen verzichten, verweigert sich dieses Papier der Ambiguität. Es benennt Parolen wie „Intifada“ und „From the river to the sea“ nicht als bloßen Ausdruck empörter Solidarität, sondern als das, was sie oft sind: gewaltverherrlichende, antisemitische Chiffren, deren Gebrauch in der deutschen Gegenwart nicht als Nebensache verharmlost werden darf. Der Verweis auf Fahnen der Hamas oder das offene Zurschaustellen von Symbolik des iranischen Regimes wird als Beleg für eine tiefgreifende Vereinnahmung durch islamistische Kräfte gelesen – und zurecht als Gefahr für die demokratische und emanzipatorische Substanz jeder Protestbewegung identifiziert.

Besonders stark ist die konsequente Differenzierung zwischen berechtigter Kritik an israelischer Regierungspolitik – die in keiner Weise delegitimiert wird – und der unreflektierten Verbrüderung mit autoritären, antisemitischen Akteuren. Die Forderung nach Solidarität mit palästinensischen Stimmen, die sich selbst gegen Islamismus, Hamas-Herrschaft und Repression wenden, verleiht dem Papier Glaubwürdigkeit: Es ist keine Abrechnung mit Solidarität, sondern ein Versuch, sie aus der ideologischen Umklammerung zu befreien.

 

Die politische Bedeutung dieser Stellungnahme wird besonders deutlich, wenn man sie dem Beschluss der Parteiführung gegenüberstellt. Während jener vor allem auf das Leid im Gazastreifen fokussiert und zu Mobilisierung aufruft, ohne die gesellschaftliche Gemengelage der Proteste kritisch zu beleuchten, setzt die vorliegende Intervention dort an, wo andere schweigen: bei der Frage, mit wem, wofür und unter welchen Bedingungen solidarischer Protest überhaupt möglich ist. Indem sie auf programmatische Klarheit drängt – etwa durch die Ablehnung jeder Zusammenarbeit mit antisemitischen, islamistischen oder verschwörungsideologischen Kräften – schützt sie nicht nur die Glaubwürdigkeit einer pluralistischen Linken, sondern auch ihre Fähigkeit, Bündnisse gegen Rechts glaubhaft zu gestalten.

Im innerlinken Diskurs ist diese Stellungnahme ein wichtiges Signal. Sie widerspricht jener oft reflexhaften Parteinahme für die „Unterdrückten“, die nicht danach fragt, von wem und in wessen Namen gesprochen wird. Sie erinnert daran, dass auch Gewalt, die sich als Befreiung tarnt, zur Repression werden kann – und dass politische Solidarität nur dann glaubwürdig ist, wenn sie sich nicht mit autoritären Kräften verbündet. Zwischen den Zeilen wird eine Haltung sichtbar, die sich gegen jene identitätspolitische Verklärung richtet, in der jede Gegnerschaft zum Westen oder zu Israel automatisch als fortschrittlich gilt. Zwar verzichtet die Stellungnahme auf eine tiefergehende Analyse der gesellschaftlichen Wurzeln des Antisemitismus, etwa in ökonomischen und psychischen Projektionen – doch sie gewinnt an Schärfe, wo andere sich in moralisierender Unentschiedenheit verlieren.

Gerade weil sie sich weigert, den Konflikt entlang einfacher Frontlinien zu lesen, sondern auf Ambivalenzen und Differenzierungen beharrt, ist diese Stellungnahme eine notwendige Intervention. Sie ist unbequem, weil sie solidarische Selbstvergewisserung durch kritische Selbstprüfung ersetzt. Aber genau darin liegt ihre politische Bedeutung: Sie stellt die Frage, was Solidarität eigentlich bedeutet – und mit wem.

In Zeiten, in denen der Ruf nach Parteilichkeit lauter ist als der nach Prinzipientreue, setzt dieses Papier einen anderen Maßstab: Es erinnert daran, dass eine Linke, die sich dem Antisemitismus nicht in jeder Form entgegenstellt, keine emanzipatorische Kraft sein kann. Und es zeigt, dass wahre Solidarität dort beginnt, wo man den Mut hat, sich nicht nur gegen äußere Ungerechtigkeit, sondern auch gegen die eigenen blinden Flecken zu wenden.

Stellungnahme der ,,LAG Gegen jeden Antisemitismus" zu ,,pro-palistinensischen" Protestkundgebungen

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