Die Geister der Verschwörungserzählungen, die Trump rief, holen ihn nun ein

TL;DR: Trump, der einst die Verschwörungserzählungen nährte wie ein Hohepriester des Zorns, wird nun vom eigenen Kult gejagt. Wer Feuer entfacht, darf sich nicht beklagen, wenn es lodert. Die Geister, die er rief, verlangen nun auch sein Opfer.




Wenn sich die Geschichte als Farce wiederholt, dann ist Donald Trump ihr Hofnarr im Endstadium der Paranoia. Der Mann, der die politische Bühne der USA mit den Rauchschwaden des Verdachts, den Rufen der Empörung und dem Glanz der blendenden Dummheit flutete, wird nun vom eigenen Narrenzug überrannt. Wer jahrzehntelang das Feuer der Verschwörung nährt, darf sich nicht wundern, wenn er schließlich selbst im Scheiterhaufen landet.

Denn was ist geschehen? Trump, der große Hohepriester der MAGA-Apokalypse, wagte es, die fromme Gemeinde der Verdächtigenden zur Mäßigung aufzurufen – „Keine Zeit mehr für Epstein“, verkündete er auf Truth Social, als wolle ein Brandstifter plötzlich die Feuerwehr rufen. Doch der Aufstand ließ nicht lange auf sich warten: Die rechtsextremen Medien-Speichellecker, die ihm einst devot die Worte ablasen wie fromme Psalmen, taten plötzlich, als hätte ihr Prophet den Glauben verraten.

Es ist eine Groteske mit Ansage. Trumps Verhältnis zu Epstein – einst jovial, dann verurteilend, jetzt verdrängend – war immer ein Tanz auf dem dünnsten Eis der Heuchelei. Doch in der Logik der Verschwörung zählt nicht, was war oder ist, sondern was nicht sein darf. Wer heute den Mangel an Beweisen betont, ist morgen schon Teil der Vertuschung. Wahrheit? Ein Relikt des 20. Jahrhunderts. Heute regiert der Algorithmus, und der will – wie das Volk – keine Aufklärung, sondern Aufregung.

 In den Kommentaren rauscht es: „Warum schützt Trump die Eliten?“ – eine Frage, so absurd wie typisch für das postfaktische Denken jener Bewegung, die sich einst aufmachte, den „tiefen Staat“ zu zerschlagen und nun am eigenen Spukbild zerschellt. Die QAnon-Jünger, Pizzagate-Pilger und Ordnerverteiler à la Pam Bondi wollen keine Auflösung, sondern einen neuen Akt. Wer den Mythos beendet, zerstört das Geschäft.

 Trump hat dieses Geschäft erfunden. Er hat es perfektioniert. Von der „Birther“-Lüge bis zum „gestohlenen Wahlsieg“, von Mexikanern als Vergewaltigern bis zum imaginären Kindersexring im Keller einer pizzafreien Pizzeria – alles war ihm recht, solange es den Applaus der ressentimentgeladenen Rechten garantierte. Nun, da sich die Bühne gegen ihn wendet, bleibt ihm nur noch die Pose des beleidigten Lehrmeisters, der nicht versteht, warum seine Zaubersprüche plötzlich ihn selbst treffen.

Der tragikomische Kern dieses Dramas: Trump hat seine Basis nicht radikalisiert – er hat sie entfesselt. Und nun, da der Pöbel der Aufklärung überdrüssig ist und lieber in selbstreferentiellen Echokammern watet, muss auch der einstige Pöbelherrscher büßen. Wer sich mit Wahnsinn schmückt, wird irgendwann vom Wahnsinn verschlungen.

Die neue Rechte ist nicht mehr kontrollierbar. Sie ist ein algorithmischer Hydra-Kult, dem jede Form von Stillstand, jedes Innehalten als Verrat erscheint. Ihr Gott verlangt Dauerempörung, ihre Liturgie ist die Live-Verschwörung, ihr Evangelium die nächste Enthüllung, deren Substanz beliebig ist – solange sie die eigene Erregung füttert.

 Dass Trump nun selbst zum Ziel des Misstrauens wird, ist keine Ironie. Es ist die Konsequenz eines Systems, das nicht Wahrheit will, sondern Wirkung. Und Trump, der nie Wahrheit, sondern stets nur Wirkung wollte, wird nun von seiner eigenen Methode überrollt.

 

Ein letzter Geniestreich der Geschichte: Dass ausgerechnet der große Verschwörungsunternehmer auf dem Index der Verschwörungsgläubigen landet – und sich über die Konsequenzen wundert. Die Geister, die er rief? Sie sind längst auf dem Vormarsch. Und diesmal sind sie nicht mehr unter Kontrolle.

 


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